Frank A. Meyer – die Kolumne
Workness

Publiziert: 10.03.2024 um 00:15 Uhr
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Aktualisiert: 10.03.2024 um 12:43 Uhr
Frank A. Meyer

War da was? War das womöglich erst der Anfang? Der Anfang von was? Von der Rückkehr des Volkes. Und damit der Politik.

58 Prozent für eine 13. AHV-Rente – Zustimmung von links bis rechts.

In der «Neuen Zürcher Zeitung» fällt der radikalliberale Wirtschaftsjournalist Hansueli Schöchli sein böses Urteil: «Das Volk folgt dem Lockruf des Geldes.»

Die einfachen Leute erfrechen sich also zu tun, was die Elite niemals wagen würde – was wiederum die 16 Millionen Franken im Jahr dokumentieren, die der Novartis-Chef verdient. Verdient? Nur schon das Verb wirkt peinlich.

Ist der Klassenkampf zurück?

Der Klassenkämpfer auf jeden Fall: Pierre-Yves Maillard, Kopf des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, Waadtländer Ständerat, Sozialdemokrat. Ein eher bulliger Typ in dunklem Anzug und hellem Hemd, kahler Kopf, freundlicher Blick.

Ja, so sahen die Genossen früher aus, als es noch nicht ums Aussehen ging, also nicht um Bart und Haarpracht und Talktauglichkeit, also nicht um den Auftritt auf dem Catwalk der Juso-Partei. Als es einfach nur ums Kämpfen ging.

So einer ist Pierre-Yves Maillard.

Was er nicht ist – und warum er so befremdlich wirkt in den Reihen der lifegestylten Sozialdemokratie: Es geht ihm nicht um die persönliche «Work-Life-Balance». Er ist Gewerkschafter. Rund um die Uhr.

Dagegen bedurfte der Präsident der Sozialdemokraten einer viermonatigen Erholungspause vom politischen Alltagsstress. Die Auszeit vom Wähler, vom Volk, vom Mandat, vom Verfassungsauftrag fiel, leider, leider, in die Zeit des Abstimmungskampfes um die 13. AHV-Rente. Der Genossenpräsident weilte in der weiten Welt.

War seine Absenz für die Volksinitiative vielleicht von Vorteil?

So feierte der eine sein Selbst fernab der Pflicht, der andere seinen Sieg mitten unter Mitkämpfern: Dem herzensbewegten Pierre-Yves Maillard kamen sogar die Tränen.

Genau so kann Politik sein, wenn sie mehr ist als Karriere und Selbstinszenierung, mehr als elitäre Anmassung, das Volk zu belehren übers ideologisch korrekte Schreiben von korrekt zu lesenden Geschlechterzugehörigkeiten – übers Gendern.

Wokeness heisst die juvenile Lehre dazu. Wie wäre es mit einer klitzekleinen Korrektur, mit dem eingefügten Buchstaben r:

Workness statt Wokeness?

Es wäre ein treffendes neues Wort für das, worum es einst ging und worum es heute wieder geht: um das ganz gewöhnliche Leben ganz gewöhnlicher Menschen – das Arbeitsleben. Dann müsste aber auch die Partei, die seit mehr als 100 Jahren die Interessen der ganz gewöhnlichen Menschen in ihren Genen trägt, wieder getragen und bestimmt werden von Menschen aus ebendieser Arbeitswelt: von Arbeitnehmern, also Werktätigen.

Gendern und LGBTQIA+? Die Sprache der hippen Genossen – Machtsprache und Kindersprache zugleich.

Am vergangenen Wochenende hat das Volk gesprochen. Sein Wortführer: ein Erwachsener.

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