Mit einem Ticket kommt man ins Kino oder ins Konzert – neuerdings kommt man damit auch in den Bundesrat, wie das Prozedere zur Erneuerung der Landesregierung diese Woche unter Beweis stellte.
Prozedere? Waren es nicht Wahlen?
Natürlich waren es Wahlen – allerdings im «Ticket»-Rahmen. Die Bundesratsparteien verständigten sich – dann schritten sie zum Urnengang in der Bundesversammlung. Und es kam wie abgesprochen, also dem Versprechen gemäss, ticketkorrekt zu wählen: jede Bundesratsfraktion wählte das Ticket jeder Bundesratsfraktion.
Fast wäre aus dem Schauspiel das geworden, was man ersehnt hatte: politikfreie Wahlen. Alles vorneherein hübsch eingetütet und fein säuberlich mit Ticket versehen: Zutritt zur heiligsten Halle des Bundeshauses– zum Bundesratszimmer.
Und doch und doch … es klappte nicht ganz: Die Grünen, immerhin eine Klima-Kraft und insofern im Zeitgeist zäh verankert, blieben draussen. Man wollte – man will! – sie offenbar nicht im Direktorium der Schweizer Republik.
Ein politischer Entscheid?
In der Tat, ein politischer Entscheid. Der Befund ist schrecklich – und verdirbt im Nachhinein die ganze Freude am sorgsam kuratierten Tickettheater, das ja auf Entpolitisierung der höchsten Schweizer Politik angelegt ist.
Der Zürcher «Tages-Anzeiger» machte das Missgeschick zur Schlagzeile: «Jetzt braucht es neun Bundesräte.» Denn nur so «liessen sich auch die Grünen integrieren».
Ein Ticket mehr – für weniger Politik.
Am besten keine Politik.
Auch für diese radikale Forderung hat der «Tages-Anzeiger» ein Herz, und zwar unter der Überschrift: «Eine Lösung für das Sitzdilemma im Bundesrat». Das Dilemma? Es fehlen Stühle.
Damit sich nicht demnächst ein Grünen-Bundesrat mit einem SP-Bundesrat den Sitz teilen muss, schlägt das Blatt aus Zürich vor, dass die Fraktionen «von der Parteilogik wegkommen und die Sitze nach Blöcken vergeben».
«Parteilogik» als zu überwindende Kategorie?
Was sind Parteien? Sie repräsentieren die Demokratie, sie garantieren die Demokratie: Parteien gegen Parteien – so funktioniert die Demokratie.
«Blöcke» als Ersatz für «Parteilogik»?
Die Ticket-Wahlen vom vergangenen Mittwoch waren ein Schritt in die Verabredungsdemokratie: ein Schauspiel für den Bildschirm mit Kamera-umschwärmten Stars des Augenblicks und glücklich strahlenden Embedded-Journalisten.
Die Politik? Draussen vor der Tür.