Frank A. Meyer – die Kolumne
Mass und Monster

Publiziert: 26.03.2023 um 00:43 Uhr
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Aktualisiert: 03.04.2023 um 11:40 Uhr
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Frank A. MeyerPublizist

Man muss sich gar nichts mehr selber einfallen lassen. Man kann es bei der «Neuen Zürcher Zeitung» abschreiben: «Ein Zombie ist weg, doch ein Monster entsteht.» Gemeint ist die kafkaeske Verwandlung der CS zur UBS. Die «NZZ» wird es wissen, verfügt sie doch über eine Standleitung ins Finanzmilieu, das man auch einfach als Milieu bezeichnen könnte. Wobei sich allerdings die Kreise, die man gemeinhin mit «Milieu» meint, durch den Vergleich womöglich beleidigt fühlen.

Die Zeitung für Zucht im Zinsgeschäft sagt es mit zwinglianischer Unerbittlichkeit: «Der Horror ist zwölfstellig» – 209 Milliarden Franken Risiko für «die Allgemeinheit», vulgo: das Volk. Die Fusion von CS und UBS, so die Schlagzeile auf Seite eins der internationalen «NZZ»-Ausgabe, sei nichts anderes als eine «209-Milliarden-Franken-Wette». Die Welt muss nun mal wissen, was die Zürcher Finanzwelt gerade so anstellt.

Was wiederum die finale Feststellung aus der Falkenstrasse erklärt: «Die UBS wird faktisch zu einer Staatsbank.»

Das mag Zocker rund um den Globus beruhigen. Schweizer Bürger aber müssen sich fragen, ob die angekündigten neuen Autoschilder dem aktuellen helvetischen Zeitgeist anzupassen sind:

Statt «CH» demnächst «UBS» auf unseren Wagen. Die Welt wird sofort wissen, aus welcher Nation wir kommen.

Zum Bild vom Monster, das ein Land verschlingt, passt der Kommentartitel, mit dem die deutsche Tageszeitung «Die Welt» ihre Leser beglückte: «Ende der souveränen Schweiz». Wird der ehrenwerte Herr Kelleher, Regent der UBS, zum Regenten der Eidgenossenschaft?

Es wäre an der Zeit, den Geldmächtigen ihre wirkliche Grösse ins Gewissen zu rufen: zu klein, um blinden Vertrauens würdig zu sein – gerade gross genug, um die Geschäfte ihrer Institute über eine gewisse Zeit zur allgemeinen Zufriedenheit zu betreiben, wobei der Geldwert dieser Tätigkeit neu zu bestimmen wäre.

Die Politik kann der Finanzbranche schon mal ein Gefühl dafür geben, indem sie den

CS-Ehrenmännern die Boni verweigert – und sie bei den abgetretenen Toptätern, die sich wohlig auf ihren Boni-Polstern räkeln, sogar einzutreiben versucht.

Seit der Finanzkrise vor 15 Jahren, also seit der UBS- Rettung mit 60 Milliarden aus Schweizer Steuergeldern, wissen Regierung und Parlament, weiss auch das woke Volk, wie risikoreich das Finanzplatzspiel ist.

Doch die Schweiz, die sich sonst so gerne kleinmacht, macht sich gerne gross, wenns um ihre globale Geld-Geltung geht.

Gerneklein als Gernegross.

Im Fall von Credit Suisse haben Influencer der internationalen Finanzszene den Bundesrat aufgefordert, seiner Verantwortung gerecht zu werden. Und die Regierung in Bern hat bewiesen, dass sie es kann: Die Abwicklung der CS mithilfe der UBS war ein starkes Stück.

Regiert wird am Bundesplatz – nicht am Paradeplatz.

Die Schweiz ist nicht so klein, wie sie vorgibt, wenn sie sich hinter ihrer Neutralität wegduckt, wenn sie sich der Europäischen Union und der Nato kapriziös verweigert, wenn sie weltabgewandt ihre Souveränität zelebriert.

Allerdings ist die Schweiz auch nicht ganz so gross, wie die aktuelle Banken-Bredouille sie erscheinen lässt.

Die Schweiz muss ihr Mass neu finden.

Wie das gelingen könnte? Ganz aktuell und ganz konkret durch Redimensionierung des «Monsters» UBS. Das florierende CS-CH-Geschäft wäre eine gute Basis, die legendäre Schweizerische Kreditanstalt wiederauferstehen zu lassen: die Bank, die einst von Unternehmern für Unternehmen gegründet worden war, die Bank, in der die Patrons der Wertschöpfung das Sagen hatten – und nicht die Manager der Abschöpfung.

Man gerät ins Träumen.

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