Sollen Oligarchen enteignet werden, um mit ihren beschlagnahmten Geldern den Wiederaufbau der Ukraine zu finanzieren? Soll man Mittel des russischen Staates konfiszieren und dem überfallenen Land als Reparationen zuführen? International wird darüber beraten. Kanada beschäftigt sich schon ganz konkret mit diesem Vorhaben. Und die Schweiz?
Ignazio Cassis stellt gerade die Hürden auf: «Das Eigentumsrecht ist ein hohes Gut, es steht in der Charta der Menschenrechte.»
Recht hat der Aussenminister: Die Menschenrechte gelten auch für russische Oligarchen, denen die Menschenrechte anderer schnuppe sind – es sei denn, die von ihresgleichen.
In der «Neuen Zürcher Zeitung» («NZZ») liest man die verständnisvolle Erläuterung dazu: «Vermögende aus Ländern wie Russland liessen und lassen Gelder in der Schweiz verwalten, weil sie glauben, dass in einem Rechtsstaat privates Eigentum anders als in ihrer Heimat geschützt wird.»
Genauso ist es – nur ein bisschen anders: Die Plünderer aus Russland kennen das Unrechtsregime, in dem sie leben und wirtschaften, aus dem Effeff. Ihre Vermögen sind dessen faule Früchte – eine Beute, die in westlichen Rechtsstaaten in Sicherheit gebracht werden muss.
Denn welcher Oligarch, der noch bei Trost ist, vertraut schon dem Oligarchenstaat Russland? Man kennt einander zu gut, um sich sicher zu fühlen, vom Alkoholiker Jelzin bis zum Abschlachter Putin.
In der Schweiz gilt: Der Rechtsstaat ist der Rechtsstaat ist der Rechtsstaat. So soll es, so muss es sein – auch für Oligarchen. Das allerdings ist nur die rechtliche Seite der Goldmünze. Die andere Seite ist die Frage der Moral, die sich indessen ebenfalls bündig beantworten lässt:
Der Unrechtsstaat ist der Unrechtsstaat ist der Unrechtsstaat – Russland!
Ist Schweizer Bankern dieser Refrain nie durch den Kopf gegangen, wenn sie mit gierigen Händen Oligarchengeld geglättet und gebündelt haben? Fragten sie sich nie: Woher stammen diese Unsummen? Wie wurden sie erwirtschaftet? Welche unternehmerische Leistung steckt dahinter?
Ja, solche Fragen hätten ratlos gemacht. Und wer ist schon gern ratlos? Im Geldgeschäft ist man lieber skrupellos. Also das Gegenteil dessen, was der Rechtsstaat Schweiz zu sein hat: skrupulös, wenn nicht gar etepetete, ganz besonders im Umgang mit Finanzmächtigen.
Auch das ist richtig so. Denn wie laut «NZZ» der «Vertreter einer grösseren Schweizer Privatbank sagt» könnte es «der Anfang vom Ende des Schweizer Finanzplatzes» sein, sollte sich der Staat zugunsten der Ukraine an Oligarchengeldern vergreifen.
Am Ende des Finanzplatzes wäre dann am Ende der Staat schuld.
Darf man aufwieglerisch fragen, weshalb die Gelder, die der Geschäftsatmosphäre des Finanzplatzes so abträglich sind wie das CO2 der Atemluft, überhaupt Asyl in der Schweiz erhalten konnten? Wäre ein umweltfreundliches Klima der helvetischen Geldwirtschaft nicht zuträglicher? Nach der Devise: Geld in der Schweiz ist sauberes Geld.
Grünes Geld!