Zwölf Klimaaktivisten liessen es sich am 22.November 2018 angelegen sein, Tennis zu spielen – in einer Lausanner Filiale von Credit Suisse. Klimaaktivisten? Tennis? Es war eine Protestaktion. Die Öffentlichkeit sollte durch den symbolischen Match darauf aufmerksam gemacht werden, dass die CS in klimaschädliche Projekte und Unternehmen investiert.
Das Tennisspiel in der Bankhalle war unzweifelhaft Hausfriedensbruch, es folgte der klassischen Demo-Logik: Verletze das Gesetz, und du wirst wahrgenommen.
Am Montag sprach das Bezirksgericht Renens die Klimakämpfer frei: sie hätten im «Notstand» gehandelt, auch in Verfolgung «höherwertiger Interessen». Die Tennis-Helden fielen einander in die Arme vor Glück.
Juristen rätseln reihum, wie ein Gericht zu solchem Ratschluss gelangen kann. Die Antwort ist einfach: Mit Rechtsprechung hat das Urteil wenig zu tun, dagegen umso mehr mit Rechtfertigung eines Gesetzesbruchs, der dem Gericht politisch sympathisch erscheint.
Ja, auch Richter sind bisweilen parteiisch. In diesem Fall heisst die Partei des Richters «Fridays for Future», abgekürzt FFF.
FFF ist die jüngste Jugendbewegung: Zu ihr gehören Kinder, Schüler, Studenten.
FFF ist auch die erstaunlichste aller Protestbewegungen: Sie richtet sich gegen die Erwachsenen, welche sie bezichtigt, den Erdball ins Klima-Unheil zu stürzen – und wird dafür von eben jenen Erwachsenen herzlich umarmt. Der Richter von Renens hat mit seinem Freispruch nichts anderes getan als Angela Merkel, die der ungebärdigen FFF- Jugend jüngst mit herzenswarmen Worten für deren Protest gegen ihre eigene Untätigkeit im Kanzleramt dankte.
Auch das Urteil von Renens bedeutet Dank und Ermutigung. Ermutigung zu was? Beispielsweise zum Hausfriedensbruch bei Roger Federer, der ja für die stigmatisierte Credit Suisse Werbung macht und dafür sehr viel Geld bekommt. Oder zum Handballspiel in der Schalterhalle irgendeiner anderen Bank, die klimaschädliche Kreditvergaben und Investitionen tätigt.
Die Schweizer FFF-Bewegung hat in Renens ihren amtlichen Segen erhalten. Das Gericht steht für die Eltern-Generation. Die Tat, über die es zu befinden hatte, steht für die verwöhnteste Protestgeneration, die es je vom Tennisplatz, aus Bars und Discos auf die Strasse getrieben hat.
Bei aller Richtigkeit und Wichtigkeit ihres Kampfes gegen den Klimawandel bleibt festzuhalten: All das, was der Natur so fatal schadet, haben diese Elite-Jugendlichen in vollen Zügen genossen. Mama hat sie mit dem Auto in die Schule gefahren, Papa hat den Flug zum Wochenende nach Mallorca bezahlt, die ganze Familie sass mit den fleischhungrigen Kids im Steakhouse, finanzierte ihnen die coolen Klamotten aus den Ausbeuter-Fabriken Asiens sowie den ganzen energieintensiven Digital-Klimbim, der ihnen den Tag von früh bis spät verlärmt.
Nichts wurde ausgelassen, was jetzt der Empörung anheimfällt.
Eine gehätschelte Jugend beisst in die Hätschel-Hand. Und die Hätschler bedanken sich und hätscheln weiter – in Renens hätschelte der Richter die angeklagten Hätschel-Kinder.
Doch, doch, Gretas Genossinnen und Genossen haben Grosses geleistet. Ohne sie hätten wir nicht die gegenwärtige Dauer-Debatte über unsere Klimasünden. Greta, die Licht- und Leitfigur des Unternehmens FFF, ist gerade auf dem Weg ans Weltwirtschaftsforum, woselbst sie freudig erwartet wird, steigt doch der Marktwert des Geschäftsmodells WEF mit jeder Prominenz, die in Davos antanzt.
Die Mädchen und Knaben, die jungen Frauen und Männer von Fridays for Future, wohlhabend, wohlgesinnt, wohlgewollt, möchte kein vernünftiger Bürger missen. Nur ein wenig Selbstbescheidung wäre angebracht. Und angesichts ihrer keineswegs klimaneutralen frühen Jahre vielleicht sogar ein bisschen Demut.