Darf man die Konkurrenz feiern? Man muss, wenn sie sich so verdient macht wie Markus Häfliger. Jüngst recherchierte der Journalist vom Zürcher «Tages-Anzeiger» – so betitelte er seinen Text – «eine kleine Geschichte über die selektive Erinnerung eines Alt-Bundesrats». Die kleine Geschichte ist allerdings weit mehr: Sie ist amüsant und signifikant, sie ist ein Lehrstück, und sie gehört in jedes Schulbuch für Staatskunde.
Die Geschichte handelt von Christoph Blocher. Der hatte auf seinem Hauskanal Teleblocher beklagt, dass der Bundesrat in diesen Corona-Zeiten «so unglaubliche Macht hat». Der SVP-Überpräsident formulierte sein Fazit so:
«Das ist eine Diktatur.»
Sodann erklärte die Leitfigur des Schweizer Rechtspopulismus, dass es nie so weit hätte kommen müssen, wäre der Nationalrat bloss ihm gefolgt, als das Parlament 2012 das Epidemiengesetz beriet: Er, Christoph Blocher, sei gegen die erweiterte Machtbefugnis für die Landesregierung gewesen und damit «einer der wenigen, der dagegen gestimmt hat».
Und genau hier wird die kleine Geschichte vom grossen Rechthaber der Schweizer Politik zum pädagogisch überaus wertvollen Fallbeispiel – dank Kollege Markus Häfliger, der die Fakten recherchierte und herausfand:
Zweimal hat der Nationalrat über das Epidemiengesetz abgestimmt, am 8. März und am 29. September 2012. Christoph Blocher drückte weder im Frühjahr noch im Herbst auf den Nein-Knopf. Er war – wie sehr oft – gar nicht im Nationalratssaal. «Hat nicht teilgenommen», vermerkt das Parlamentsprotokoll trocken.
An diesem Schulbuch-Beispiel lässt sich ablesen, wie der Populismus mit Fake News operiert. In diesem Fall erstens mit der Behauptung: Die Schweiz ist eine Diktatur. Zweitens mit der Behauptung: Ich habe dagegen gestimmt.
Das Erste ist Bullshit, das Zweite frei erfunden.
Was daraus ganz wunderbar gelernt werden kann, ist gerade in diesen Tagen, Wochen, Monaten bedeutsam:
Diktator Alain Berset führt die Schweiz, gemeinsam mit seinen Diktatoren-Kollegen, umsichtig durch die Corona-Katastrophe. Das Diktatur-Kollegium im Bundesratszimmer tastet sich lernend von Entscheid zu Entscheid. Die ausserordentlichen Vollmachten des Schweizer Diktatur-Regimes beruhen auf ordentlicher Gesetzgebung.
Demokratie und Rechtsstaat sind durch das Epidemiengesetz nicht ausser Kraft. Im Gegenteil, Demokratie und Rechtsstaat entfalten mit diesem Gesetz wehrhafte Wirkung in Zeiten der Pandemie.
Demokratie und Rechtsstaat bleiben gewahrt.
Diktatur?
Wer so redet, redet falsches Zeugnis gegenüber Demokratie und Demokraten.
Wer redet so?