Wer ist der Mensch, der uns in der Nacht begegnet, unerwartet, unerkannt, unvertraut? Es ist einfach der Mensch: nicht schwarz, nicht gelb, nicht rot, nicht Christ, nicht Muslim, nicht Buddhist.
Nur Mensch.
Für ihn ist das Asylgesetz gemacht. Das Recht auf Schutz in der Not. Ungeachtet der Rasse, des Geschlechts, der Religion.
Ein Gesetz der Menschlichkeit.
Wer aber ist der Mensch, der uns in der Morgendämmerung entgegentritt: schwarz oder gelb oder rot? Zeigt er Furcht, zurückgewiesen zu werden? Oder Freude, weil er sich aufgenommen fühlt?
Es ist der Flüchtling. Ein Fremder. Skeptisch beäugt.
Auch Skepsis ist menschlich. Auch sie gehört zum Verhalten des Menschen, der auf den Fremden trifft, ihn empfängt. Darum gibt man einander ja die Hand: zum Zeichen, dass man keine Waffe trägt, gar eine zückt.
So ist das unter Menschen, die sich unverhofft begegnen, als Christ und Muslim zum Beispiel. Und wo der Christ den Muslim dann zu Tisch bittet.
Der Fremde wird Gast.
Wer am Tisch sitzt als Gast, hat sich nach Sitten und Gebräuchen des Gastgebers zu richten, sich ihnen anzupassen, sich dem Recht, das am Tisch gilt, zu fügen.
Denn das Gastrecht ist nicht nur das Recht des Gastes, es ist auch das Recht des Gastgebers.
Und es ist ein Stück Weges vom Menschen in der Nacht über den Fremden in der Morgendämmerung bis zum Gast am Tisch.
Die Fremden aus Syrien, aus dem Irak, aus Afghanistan haben diesen Weg unter die Füsse genommen, um in Europa – in der Schweiz – bei Tisch empfangen zu werden: als Gäste, als Schutz Suchende, zu Beschützende.
In Deutschland hat ihnen Angela Merkel freudiges Willkommen und bereitwillige Aufnahme versprochen. Auf Selfies posierte sie mit Ankömmlingen aus der muslimischen Welt. Die Bildchen gingen um den Globus – in Sekundenschnelle von Syrien über den Irak bis Afghanistan.
Von Regeln und Gesetzen hat die Kanzlerin nichts gesagt.
Doch sie gelten, die Gesetze. Und wer sie geltend macht, ist weder Fremdenhasser noch Rassist.
Wer in Deutschland, in der Schweiz, in Europa auf den Gesetzen von Demokratie und Rechtsstaat beharrt, ist ein wehrhafter Bürger der freien Gesellschaft, in der Frauen gleichberechtigt sind, in der Meinungsfreiheit herrscht, in der Glauben Privatsache ist, in der Religion kritisiert, ja auch geschmäht werden darf.
Denn es herrscht das Recht des Gastgebers. Darum ist es auch sein Recht, vom Tisch zu weisen, wer sich dem herrschenden Recht verweigert: Wer Frauen nicht die Hand gibt, wer sie für unrein hält, wer sie als Wesen sieht, die dem Mann zu Gehorsam verpflichtet sind, wer überhaupt die Gebote seiner Religion über die Gesetze des Gastgebers stellen möchte.
Wer als Gast auf den mittelalterlichen Vorschriften von Koran, Scharia und Überlieferungen beharrt, der gehört ausgewiesen. Unverzüglich. Und umstandslos.
Wer nicht einfach Mensch sein möchte in einer gastfreundlichen Gesellschaft, weil er Fremder bleiben will mitsamt dem Regelwerk seiner Religion, der verstösst gegen das Gastrecht. Und verwirkt es.
Denn das Asylrecht ist kein Recht auf religiöse Rechthaberei. Im Gegenteil, es ist ein Menschenrecht – ein Recht aus dem Fundus der humanen, der aufgeklärten westlichen Zivilisation.