Es ist noch nicht vorbei. Mit dem Entscheid vom Freitag, weitere Lockerungen auszusetzen, hat der Bundesrat dies klar signalisiert. Trotz grossen Drucks aus Politik und Wirtschaft kam die Landesregierung damit zum einzig richtigen Schluss. Der Verlauf der Pandemie lässt der Schweiz wenig bis keinen Spielraum: Die Infektionsraten steigen wieder an, die Impfkampagne stockt und mit den Massentests geht es bei weitem nicht so rasch vorwärts, wie es eigentlich möglich wäre.
Es ist daher nur eine Frage der Zeit, bis dies zur gefürchteten Zunahme von Hospitalisierungen führt. Wie fragil die Lage ist, scheint die Kantone kaum zu kümmern. Auf den Entscheid vom Freitag reagierte GDK-Präsident Lukas Engelberger so: «Wir bedauern, dass der Bundesrat nun deutlich vorsichtiger öffnet, als von vielen Kantonen gefordert.» Natürlich steht es den Kantonen frei, Bedauern auszudrücken. Und es ist auch erlaubt, die Landesregierung für den verpatzten Impfstart zu kritisieren.
Angesichts der eigenen Versäumnisse aber grenzt dieses Gebaren an Schizophrenie. Zur Erinnerung: Noch im ersten Lockdown forderten die Kantone vehement die Aufhebung der ausserordentlichen Lage. Kaum übergab ihnen die Landesregierung wieder das Zepter, lief die Pandemiebekämpfung komplett aus dem Ruder. Überfordertes Contact Tracing, Quarantäne-Flops, miserable Testregimes, zähe Auszahlung von Härtefallgeldern – Kakofonie in 26 Variationen.
Bereits letzten Sommer haben es die Kantone verschlafen, sich für die zweite Corona-Welle zu wappnen – sie schlug ein wie eine Bombe. Noch ein Jahr später fehlt vielen von ihnen der Sachverstand, wie mit der Pandemie umzugehen ist.
Zeit aufzuwachen!