Fix zur Gesellschaft mit Alexandra Fitz
Nackt im Theater

Kulturell aktiver, das wäre unsere Autorin Alexandra Fitz gerne. Seit dem Theaterabend mit dem nackten Professor auf der Bühne wird sie wieder öfter gehen.
Publiziert: 07.10.2018 um 16:07 Uhr
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Aktualisiert: 21.10.2022 um 11:04 Uhr
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Alexandra FitzCo-Ressortleiterin Gesellschaft

Ich würd gerne öfter. Öfter kulturell aktiv sein. In die Oper, ins Konzert, ins Theater. Ich nehme es mir immer vor. Aber Sie kennen dieses «Ich müsste mal wieder» auch. Ich müsste mal wieder: Kleiderschrank ausmisten, Tante Monika anrufen oder mich kulturell bilden. Aber irgendwie hab ich immer mehr Lust auf anderes. Denn anderes ist oft ­einfacher zugänglich als Bühnendramen. Opernsänger versteh ich auch nicht so gut – ausser das Lied «Opernsänger» des verstörenden Rappers Yung Hurn. Er singt einfach «Lalalalalalalalala».

Ein Freund von mir ist ein Kultursympathisant. Er schreibt sogar in einem renommierten Blatt über das kulturelle Angebot. Leicht missionarisch will er sein Umfeld begeistern und lädt es deshalb ­öfters zu solchen Abenden ein. Jetzt war ich an der Reihe. So sass ich am Dienstagabend in der ­ersten Reihe ­eines Theaters. Bereit, mich auf diese Welt ­einzulassen. Und nicht etwa rumzustudieren, was ich wieder einmal zum Znacht kochen sollte, oder mir witzige Geschichten zu den Zuschauern auszudenken – das wär ja schade um den Abend.Da standen also zwei im Raum und hielten einen derart intellektuellen Dialog, dass ich mir noch über Sätze Gedanken machte, während sie bereits neue Gedanken äusserten. Zum Glück gab es die ­bunten, überdimensionalen Penisse. Damit schrieben sie ­immer wieder Wörter wie «Konzept Fick» auf die Bühne. Mit Filzstiftpenissen. Das leuchtete (sogar mir) ein. Während ich kurz davor war ­abzuschweifen und mich fragte, ob mich diese ­Darbietung einfach gerade ein wenig aus meinem Alltag reisst, stand der Professor plötzlich nackt da.

Füdliblutt. Er sprang über die Bühne, die wir mit ­unseren Stühlen umkreisten. Er hüpfte. Alles hüpfte. Kolossal. Kolossal war der Anblick ­meiner Sitz­­nach­barin. Eine ältere Dame mit grauem Kurzhaar­schnitt und schwarzer, dick umrahmter ­Brille. Sie war kon­sterniert. Fixierte einen Punkt auf der ­anderen ­Seite, um nicht das Hüpfende ansehen zu müssen. Als die Schauspielerin auch noch ihre Brüste ent­blösste und mit Filzstift darauf rumkritzelte, ­schüttelte sie den Kopf und sah zu Boden. Allein dieser Anblick ­bescherte mir einen amüsanten Theaterabend.

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