Fix zur Gesellschaft
Danke, Babyphone, dass du mich verraten hast!

Unsere Autorin kann nicht singen. Das sagen ihr Chef, ihre Mutter und eine Chorleiterin. Und dank dem Babyphone wissen auch sämtliche Bargäste eines Hotels von ihrem fehlenden Talent.
Publiziert: 28.09.2019 um 10:48 Uhr
Alexandra Fitz, stv. Leiterin SonntagsBlick Magazin
Foto: Thomas Meier
Alexandra Fitz

Ich dachte immer, dass es eingeschaltete Babyphones, die Gespräche, zwischenmenschliche Handlungen oder peinliche Aktionen transportieren, nur in schlechten Filmen gibt. Aber nein, es gibt sie im echten Leben. Also in meinem. Wir waren im Hotel und haben das neue Babyphone getestet. Ich blieb mit dem Baby im Zimmer, seine Mutter stieg die Treppen hinab zur Hotelbar. Ich wartete und wollte dann etwas Witziges ins Gerät brabbeln. Doch ich sah ins Gesicht des Kleinen und erkannte: Er isch kurz vor em Hüla. Ich musste handeln, schnell. Also sang ich. 

Dazu muss ich Folgendes sagen: Ich singe gern! Aber so grottenschlecht, so himmeltraurig, dass ich dafür bestraft werden sollte. Letztens sang ich leise bei der Arbeit. Der Chef sagte: «Tu das bitte nie wieder!» Ich: «Was?» Er: «Singen!» Sie denken, das ist fies? Ich erzähle Ihnen, wie meine eigene Mutter mich aufzog – und das obwohl Mamas doch zum Kind stehen und ihm das Gefühl geben sollten, dass es alles kann. Bei mir war das so: Wenn Freunde kamen, sagte meine Mama: «Komm, Alexandra, sing doch ‹Alle meine Entchen›.» Dann lachte sie. Sie wollte mich vorführen. Sie wusste, ich treffe keinen Ton, habe null Gefühl für die Melodie. Heute weiss ich, das wäre eigentlich ein Fall für den Kinderschutz. Meine Mutter sieht das anders: Sie fordert mich heute noch in grossen Runden auf, das Kinderlied zu singen – und kann sich schon beim Fragen fast nicht halten vor Lachen. 

Fieser als meine Mutter war meine Musiklehrerin. Meine beste Freundin aus der Primarschule schleppte mich in den Chor. Ich fand es anfangs ganz gut da, denn ich sang ja gerne. Dass ich schon als Kind eine tiefe, raue Stimme hatte, fand ich eher besonders. Die Chorlehrerin eher nicht so. Als wir alle einen bestimmten Ton singen sollten, sagte die Musiktante tatsächlich: «So jetzt singen alle den Ton X, ausser Alexandra.» Ich war so verdutzt, dass ich gar nichts herausbrachte, aber ein Gschpänli fragte: «Warum Alexandra nicht?» Die vermeintliche Pädagogin sagte: «Weil die nicht so hoch hinauf kommt!» Bähm! Ich fasse zusammen: Hohn von der Lehrperson, Spott von der Mutter, ein Sing-Verbot vom Chef. Und jetzt das Babyphone!

Die Mutter des Kindes kommt zurück ins Zimmer. Lachend verkündet sie, dass ich nun das Gelächter an der Hotelbar sei. Denn das Babyphone funktioniere. Alle hätten zugehört, als ich sang: «Hey Pippi Langstrumpf, trallari trallahey tralla hoppsasa!»

Ich möchte zu meiner Verteidigung sagen: Dem Kleinen hat mein Lied gefallen. Er ist eingeschlafen – obwohl, wenn ich mir das nun so überlege: Vielleicht hat das Baby nur so getan. Aus Angst, dass ich sonst noch lange singen würde. 

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