Am Sonntag vor einer Woche legten zwei Männer den leblosen Körper einer schwer misshandelten jungen Frau vor den Eingang des Spitals im kosovarischen Ferizaj, dann machten sie sich aus dem Staub – in einem Audi mit Schweizer Kennzeichen.
Den Arm des 29-jährigen Hauptverdächtigen ziert neben anderen Tattoos der Spruch: «Fuck Law». Trotz 136 registrierten Straftaten – darunter versuchtem Mord – war D. K. bis zu seiner Verhaftung ein freier Mann.
Vor wenigen Wochen hatte er die 18-Jährige «zu seiner Frau» gemacht. Es war eine Zwangsheirat. Die Tante des Opfers sagt: «Er nahm sie gegen ihren Willen, heiratete sie und brachte sie uns tot zurück.» Sie spricht damit einen regionalen Usus an: Wenn ihre Familie oder die häufig Minderjährige selbst gegen die Beziehung ist, nötigt der Täter die Frau so lange, bis sie in die Beziehung einwilligt – im schlimmsten Fall entführt und vergewaltigt er sie. Den Angehörigen des Opfers bleibt selten eine andere Wahl, als die unter Drohung und Gewalt erzwungene «Ehe» zu akzeptieren, um die Ehre der Familie zu wahren.
Der Tod des Mädchens in Ferizaj ist kein Einzelfall. Gewalt an Frauen ist in der albanischen Gesellschaft allgegenwärtig. Oder, wie die örtliche feministische Zeitung «Grazeta» schreibt: «Die Mörder der Frauen sind das Produkt dieser Gesellschaft.»
Das Leben eines albanischen Mädchens ist von Geburt an weniger wert als das eines albanischen Jungen. Ungeachtet dessen, was das Gesetz vorschreibt, sind Frauen von jeder Erbschaft ausgeschlossen. Es ist verpönt, dass Frauen ihre Sexualität ausleben, Männer verlassen, die sie schlagen und ihnen die Mitschuld für Vergewaltigung und Ermordung unterstellen. Diese Gesellschaft gibt Jahr für Jahr Hunderttausende von Franken für Hochzeiten aus, bei denen sie ihre Bräute mit rotem Schleier zur Schau stellt, um deren Jungfräulichkeit zu bekunden.
Und nicht selten trällern Musiker zu fetzigem Beat dabei die Strophen eines Hochzeitsliedes wie diesem, das kürzlich auf Youtube veröffentlicht wurde und Millionen Klicks generierte: «Entweder freiwillig oder gegen deinen Willen: Wir zwei werden heiraten. Komm schon, Liebe. Ich werde dich nehmen und (zu mir) nach Hause bringen.»