Ein Flüchtlingsjunge aus dem ehemaligen Jugoslawien bekommt in der Schweiz eine zweite Chance. Und der Neunjährige packt sie. Er wird erwachsen, ist irgendwann voll integriert, erlernt einen Beruf und geht studieren. Sein Weg zeigt, dass man es in unserem Land schaffen kann, wenn man nur will. Das erste lukrative Jobangebot trudelt ein, doch als der junge Mann die Vorteile der Wohlstandsgesellschaft in vollen Zügen auskosten könnte, packt er seine Sachen, um in der früheren Heimat ein Geschäft aufzubauen. So geht die Geschichte von Fikret Zendeli.
Man könnte nun fragen: Was hat unser Land davon, wenn es jemanden integriert und ausbildet, der danach wieder abhaut? Mehr als man denkt: Pioniere wie Zendeli verkörpern das Erfolgsmodell Schweiz, sind also beste Werbeträger, sie leben unsere Werte im Ausland und sorgen für bessere Verhältnisse, wo wir ansonsten Entwicklungshilfe leisten müssen.
Zendeli selber sagt, er zahle bessere Löhne als in Mazedonien üblich. Unterdessen startete er das gemeinnützige Projekt «Social Friday»: Einmal im Quartal besuchen seine Mitarbeiter freitags Senioren im Altersheim, spielen mit Waisenkindern, pflanzen Bäume oder kochen für Obdachlose. Zendeli will damit kein Geld verdienen, es geht ihm ums soziale Bewusstsein.
Der Mann ist Unternehmer, arbeitet also mit eigenem Geld, trägt dafür die persönliche Verantwortung und engagiert sich in der Gesellschaft. Das alles sind Werte, wie sie einst auch in der Eidgenossenschaft etwas gegolten haben – es sind die Werte des klassischen Pa-trons. Im besten Fall führt er kollegial, überlässt die Verantwortung mehrheitlich den Mitarbeitern, setzt auf Selbstorganisation und hat nur im Notfall das letzte Wort.
Die Saga vom guten Patron ist natürlich hochgradig verklärt, wenn nicht reiner Kitsch. Und doch denkt man wehmütig an diese historische Figur, wenn man dem jüngsten Treiben der heimischen «Masters of the Universe» zuschaut. Zehn Jahre nach der grossen Finanzkrise überborden unsere Manager gerade mal wieder aufs Neue: Egal, ob es dem Unternehmen gut oder schlecht läuft, ihre Gehälter steigen. Die jüngsten Auswüchse: 15 Millionen Franken Chefgehalt bei Roche, 14 Millionen bei der UBS, mehr als 12 Millionen bei Credit Suisse. Solche Manager sind das pure Gegenteil von Patrons.
Sie fuhrwerken mit fremdem Geld. Verantwortung zu übernehmen, ist nicht ihr Ding. Unsere Gesellschaft betrachten sie nach dem Profit, den sie aus ihr schlagen können – Solidarität und Engagement sollen gefälligst andere aufbringen.
Deshalb Hut ab vor Fikret Zendeli! Klar, auch er will und muss wirtschaftlichen Erfolg haben. Aber er möchte eben auch einen Unterschied machen.