Editorial
Wir geben unseren Kindern ja auch keinen Schnaps

Mark Zuckerberg gelobt Besserung beim Datenschutz. Leider nur hat der Mann immer wieder solche Versprechen gemacht. Und sie stets gebrochen. Zuckerberg kann sein Wort gar nicht halten. Das Geschäftsmodell von Facebook beruht auf dem Abschöpfen persönlicher Daten.
Publiziert: 04.05.2019 um 23:41 Uhr
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Aktualisiert: 11.05.2019 um 10:40 Uhr
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Gieri CaveltyKolumnist SonntagsBlick

Auf der einen Seite die potentesten Konzerne in der Geschichte der Menschheit. Facebook, 500 Milliarden Dollar schwer. Google, 900 Milliarden.

Auf der anderen Seite: unsere Kinder.

Auf der einen Seite das versammelte Wissen von Verhaltenspsychologie und Neurowissenschaften. Sämtliche Antworten auf die Frage, wie sich Menschen manipulieren lassen. Dazu die weltbesten Inge­nieure und Softwareentwickler, die auf Basis dieses Wissens die unwiderstehlichsten Produkte auf den Markt bringen.

Auf der anderen Seite: unsere Kinder, ihre natürliche Neugier, ihr Bedürfnis nach Anerkennung und Zugehörigkeit zu einer Gruppe.

Auf der einen Seite der unbedingte Wille der Konzerne, die Nutzer noch stärker an sich zu binden. Sie mit immer raffinierterer Technik auszuspähen. Auf diese Weise noch mehr Daten aus ihnen herauszupressen, die sich zu noch mehr Geld machen lassen.

Auf der anderen Seite: jene, die ­früher unsere Kinder waren. Sich inzwischen aber in Instagram-Zombies verwandelt haben.

Diese Woche hat Mark Zuckerberg Besserung gelobt. Zumindest beim Datenschutz. «The future is pri­vate», verkündete der Facebook-Gründer an der Entwicklerkonferenz seines Konzerns (zu dem auch die Foto-Plattform Instagram gehört). Leider nur hat der Mann in der Vergangenheit immer wieder solche Versprechen abgegeben. Und sie stets gebrochen.

Zuckerberg kann sein Wort gar nicht halten. Sein ganzes Geschäftsmodell beruht auf dem Abschöpfen persön­licher Daten. Die Websites von Facebook und Instagram sind so gestaltet, dass sie hohes Suchtpotenzial aufweisen und die Besucher viel zu viel von sich preisgeben. Der Facebook-Konzern kann darum für jeden einzelnen Nutzer zielgerichtet Werbung verkaufen und hat die Garantie, dass diese auch beachtet wird.

Sarah Spiekermann hat eine bemerkenswerte Karriere gemacht. Die 46-jährige Deutsche arbeitete einst für eine Silicon-Valley-Firma. Heute ist sie Professorin für Wirtschaftsinformatik. Ihren Studenten bringt sie bei, wie man Werte in Computerprogramme einbaut. Wer etwa die App für einen Velokurierdienst entwickelt, sollte nicht allein auf Effizienz achten und darauf, dass der Bote ohne Umweg sein Ziel erreicht. Die App sollte den Kurieren ebenso die Möglichkeit einräumen, sich zu einer gemeinsamen Pause zu treffen und Zeit zu haben für einen Schwatz mit den Kunden.

In ihrem soeben erschienenen Buch mit dem Titel «Digitale Ethik» präsentiert Sarah Spiekermann einen prägnanten Slogan, worum es ihr geht. Sie sagt: «Werte in der Technik sind das neue ‹Bio›.»

Was den Social-Media-Konsum von Heranwachsenden betrifft, hilft der Bio-Gedanke allein allerdings auch nicht weiter. Sarah Spiekermann vergleicht diese Plattformen mit alkoholischen Getränken. Und Kindern ist das Verabreichen von Alkohol nun einmal grundsätzlich untersagt. Egal, wie öko ein Gebräu ist.

Was dies für die Praxis bedeuten könnte, zeigt die britische Datenschutzbehörde. In einem Mitte April publizierten Bericht knöpft sie sich jene Techniken vor, die Jugendliche dazu verführen, zu viel Zeit auf Social Media zu verbringen und dabei fortwährend Privates preiszugeben.

Ganz konkret möchten die Briten beispielsweise den Like-Knopf bei Instagram und Facebook verbieten.

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