Editorial über Tiktok und Osama Bin Laden
Früher war nicht alles besser

Uninformiert und faul: Die Jugend steht in der Kritik. Dabei liefen auch frühere Generationen ins Abseits.
Publiziert: 19.11.2023 um 12:00 Uhr
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Aktualisiert: 19.11.2023 um 12:13 Uhr
"Letter to America": Osama Bin Laden (1957-2011).
Foto: imago images / Photo12
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Reza RafiChefredaktor SonntagsBlick

Osama bin Laden ist schon länger als zehn Jahre tot. In diesen Tagen allerdings scheint der Drahtzieher von 9/11 wiederauferstanden zu sein. Grund: Eine Influencerin verbreitet auf Instagram einen Text, den der Schlächter kurz nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 veröffentlichte. Sein «Letter to America» ist ein kruder Eintopf aus postkolonialistischer Theorie, arabischen Grossmachtfantasien und antisemitischen Evergreens. Kurz zusammengefasst: Muslime sind überall nur Opfer, der Westen befindet sich im Kriegsrausch und im Hintergrund hat sowieso das Judentum die Kontrolle.

Dass unbedarfte Millennials diesen Unsinn teilen, löste weltweit Wirbel aus. Der britische «Guardian», der den Text in voller Länge publiziert hatte, löschte ihn umgehend, der «Spiegel» staunt entsetzt: «Junge Menschen bewerben plötzlich Al-Qaida-Propaganda und rechtfertigen Gewalt.» Die Episode lässt den Nachwuchs schlecht dastehen, inklusive der irrlichternden Klima-Ikone Greta Thunberg im Palästinensertuch. Das Image der Generation Z ist ohnehin im Keller: Mit frisiertem Linkedin-Profil, Medienabstinenz und 170-Zeichen-Intellekt frönen sie der Zwanzig-Stunden-Woche und wollen mit 20 Millionär sein.

Die Vorwürfe sind unfair. Vor zwei, drei Generationen verherrlichten Jugendliche Chinas «Grossen Steuermann» Mao, der für bis zu 80 Millionen Tote verantwortlich gemacht wird. Andere Helden des damals angeblich so hochgebildeten Nachwuchses hiessen Lenin oder Trotzki. Später schwappte diese Sowjet-Nostalgie in die Popkultur über.

Heute sind die Verursacher der grössten Schwierigkeiten an den Schulen oft nicht die Schüler, sondern ihre Eltern. Auch die zahlreichen Integrationsprobleme gehen auf eine Migrationspolitik zurück, die keineswegs von den Junioren gemacht wurde. Weltanschaulichen Käse verbreiten überdies nicht nur Junge auf Tiktok, sondern in allerlei Publikationen auch grau melierte Bildungsphilister und Salonfaschisten im besten Alter, unbedarfte Gehilfen totalitärer Mächte.

Hoffnung kommt eher von der nächsten Generation. Osama bin Laden ist tot.

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