Editorial über Donald Trumps Zollchaos
Gott segne Amerika – trotz allem

Die USA verlieren rasant an Sympathien. Doch sich nun Peking zuzuwenden, wäre die dümmste Alternative.
Publiziert: 00:04 Uhr
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Reza Rafi, Chefredaktor SonntagsBlick.
Foto: Philippe Rossier
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Reza RafiChefredaktor SonntagsBlick

Das Tempo des trumpschen Politikstils hat die Schweiz erreicht. Vor einer Woche standen Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und Wirtschaftsminister Guy Parmelin vor den Medien noch da wie Ölgötzen, nachdem sie soeben vom 31-Prozent-Zoll aus Amerika überrascht worden waren.

Ein paar Tage später wird die FDP-Magistratin wegen ihres Telefonats mit dem US-Präsidenten als Heldin gefeiert – denn kurz nach dem Gespräch der beiden vollzog Washington eine Kehrtwende und verhängte eine 90-tägige Zoll-Gnadenfrist.

Was im Jubel untergeht: Nicht lange nach seinem Call mit der «Swiss President» äffte Trump vor Publikum die Regierungschefs nach, die bei ihm vorstellig wurden: «Die Führer der ganzen Welt küssen meinen Arsch! Die brennen darauf, einen Deal zu machen: ‹Bitte, bitte, machen Sie einen Deal mit uns, Sir! Ich tue alles dafür!›» Meinte er damit auch Keller-Sutter? Jedenfalls scheint dies der Grad an Beleidigungen aus Übersee zu sein, mit dem wir uns in diesen Zeiten abfinden müssen.

Derlei infantile Manöver dienen wohl vor allem der Gesichtswahrung. Fakt ist, dass Donald Trump unter dem Druck der Märkte und nach Zureden seiner Verbündeten nachgibt. Wie gestern, als er Ausnahmen für Smartphones und Computer bekannt gegeben hat. Ganz anders als sein Hauptgegner China: Die vergangenen Tage haben wohltuend vor Augen geführt, dass die Macht des US-Präsidenten nicht unbegrenzt ist. Trumps Partei muss sich 2026 den Midterm-Wahlen stellen, wo es um den Mehrheitserhalt im Kongress geht. Da können sich die Republikaner keine Rezession leisten.

Bei aller Kritik an ihrem Präsidenten: Die USA sind eine Demokratie. Und keine Diktatur, in der sich ein Regent so willkürlich wie unberechenbar über jegliche Wirklichkeiten hinwegsetzen kann. Dies gilt es zu bedenken, wenn sich die Sympathien angesichts des täglichen Wahnsinns aus Washington in Richtung Peking oder Moskau verschieben. Ein Wohlstand, der von Amerika abhängt, ist noch immer besser als ein Wohlstand, der auf China angewiesen ist. Selbst wenn die Chinesen niemals unsere Magistratin beleidigen würden.

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