Editorial über die Einmischung aus Amerika
Nein, die Schweiz braucht keinen Elon Musk

Die Eidgenossenschaft ist eine reife Demokratie. Sie benötigt keine Nachhilfe aus den USA, erst recht nicht von einem exzentrischen Techunternehmer.
Publiziert: 12.01.2025 um 00:01 Uhr
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Reza Rafi, Chefredaktor SonntagsBlick.
Foto: Philippe Rossier
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Reza RafiChefredaktor SonntagsBlick

Anfang Jahr sagte Ruth Dreifuss etwas Bemerkenswertes: Die Landesregierung, so die alt Bundesrätin bei einem Interview, nehme in der Europadebatte ihre «pädagogische Rolle» nicht wahr. Man könnte nun versuchen, die Schieflage dieser Bemerkung zu ergründen – zumal sich die Schweiz einer äusserst reifen und lebhaften Demokratie erfreut und weiss Gott nicht auf Politiker angewiesen ist, die der Nation als Pädagogen gegenübertreten. Schweizerinnen und Schweizer müssen nicht belehrt werden, sie bestimmen ihre Zukunft in der Auseinandersetzung der verschiedenen Kräfte im Land selbst.

Das Thema könnte damit erledigt sein – wären da bloss nicht diese seltsamen Kapriolen aus Amerika. In der Pose eines bekifften Paradiesvogels greift Elon Musk in die Innenpolitik europäischer Nationalstaaten ein. Er ruft zum Sturz des britischen Premierministers auf und will in Deutschland Alice Weidel zur Kanzlerin machen.

Der kuriose Auftritt des Techunternehmers an der Seite der AfD-Chefin am Donnerstag erweckt den Eindruck eines Mannes, der sich im Seitenwagen des gewählten US-Präsidenten Donald Trump zum libertären Apostel berufen fühlt. Offenbar ist der gebürtige Südafrikaner überzeugt, dass die Bürger Europas seine Nachhilfe in Demokratie nötig haben – während sich sein Mitstreiter gerade in verblüffend undemokratischer Manier mit Europa auseinandersetzt. Trump möchte den USA die zu Dänemark gehörende Insel Grönland einverleiben und fantasiert dabei unverhohlen über militärische Gewalt. Man stelle sich vor, der neue US-Präsident versucht dasselbe mit dem Tessin – und droht dem Schweizer Bundesrat in letzter Konsequenz mit dem Einsatz der US-Army.

Zum Glück blieb die Schweiz bislang von Übergriffen des Imperatoren-Imitators aus Washington verschont. Doch Pädagogen in der eigenen Regierung, wie Ruth Dreifuss sie sich wünscht, braucht die Eidgenossenschaft genauso wenig. Und schon gar keine politische Nachhilfe von einem schillernden Raketenbauer.

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