Der Algorithmus muss direkt aus der Hölle kommen. Wer auf Instagram mehr als einmal bei Rezepten für Spaghetti Carbonara hängen geblieben ist, wird für alle Ewigkeiten auf seiner Timeline mit Videos von Menschen geplagt, die einem die perfekte Zubereitung dieses Gerichts beibringen wollen (Eigelb!).
Und als ob das nicht schon genug Leid wäre, wird der unschuldige User von Hobbyköchen mit selbst gedrehten Kurzfilmen über weitere Pastasaucen behelligt: al Ragù, Cacio e Pepe, Aglio e Olio, all'Amatriciana. Und so weiter.
Es ist kaum auszuhalten. Wir sind eine Gesellschaft von Ratgebern, Klugscheissern und Coaches geworden. Das gilt nicht nur für die sozialen Medien – und schon gar nicht allein für Kulinarik. Heute profiliert sich jeder, der den Zeigefinger hebt. Von Kindererziehung über Sexualität und Lebensverlängerung bis zu Ökonomie und Weltpolitik: An jeder Ecke lauert ein Rechthaber.
Meinungsführer, Publizisten, Politiker – überhaupt alle, die so wie wir eine Botschaft loswerden wollen – instruieren täglich ihre jeweilige Regierung, wie sie mit US-Präsident Donald Trump umzugehen habe. Wir belehren den ukrainischen Präsidenten, wie er Wladimir Putin standhalten könne. Wir unterweisen die Notenbankchefs in Sachen richtiger Zinspolitik. Wir rufen dem Fussballtrainer unserer Lieblingsmannschaft zu, wen er aufstellen müsse. Wir wissen besser, wie man die illegale Migration eindämmt. Und wir hätten selbstverständlich auch die Formel auf Lager, wie man die Wirtschaft wieder in Schwung bringt und den Weltfrieden schafft.
Das Geheimnis der aktuellen «Ratgeberitis»: Tipps zu geben, ist das billigste Geschäftsmodell für Medien, PR-Leute, Parteienvertreter und alle anderen, die um Aufmerksamkeit buhlen. Diese Mode lässt sogar Widersprüche zu. So raten dieselben Schweizer Publizisten den Deutschen, endlich mehr Geld für die Verteidigung auszugeben, um sie Tage später zu tadeln, wenn sie genau dies tun und dafür neue Schulden aufnehmen.
Das Osterfest beendet die Zeit des Fastens, das einen zentralen Wert des Christentums fördern soll: die Demut. Vielleicht braucht es nicht nur in diesen Tagen wieder etwas mehr davon. Und bestimmt gibt es auch dazu Nachhilfe auf Instagram.