Wenn Doris Leuthard auf Reisen ging, gehörten Wirtschaftsführer gern zu ihrer Delegation. Die CVP-Bundesrätin geniesst einen hervorragenden Ruf als Vermittlerin und Türöffnerin. In Indien stellte sie Stadler-Chef Peter Spuhler dem Premierminister vor. Zwar kauft das Milliardenvolk deshalb noch keine Züge aus der Schweiz. Doch ein gutes Netzwerk ist essenziell, wenn man in einem neuen Markt überhaupt wahrgenommen werden will.
Als alt Bundesrätin verfügt Leuthard noch immer über ein breit gefächertes Beziehungsnetz und geniesst weltweit grosses Vertrauen. Wunderbar, wenn sie beides weiterhin für die Schweiz und ihre Arbeitsplätze einsetzt: für ein Exportunternehmen wie Stadler Rail oder für die Swiss Digital Initiative, die Genf als Standort für eine Stiftung positionieren will, die ethische Standards in der digitalen Welt sichert.
Natürlich braucht es dafür einen gewissen Abstand zum Amt – so mahnt es auch der Verhaltenskodex für Bundesräte an. Doch es ist zu begrüssen, wenn alt Bundesräte etwas für die Schweiz tun: Ruth Metzler etwa bei der Exportförderungsorganisation Switzerland Global Enter prise, Eveline Widmer-Schlumpf bei Pro Senectute oder Kaspar Villiger, der einst das UBS-Präsidium übernahm, als die Bank am Abgrund stand.
Es wäre unklug, auf die Erfahrung der alt Bundesräte zu verzichten. Zumal deren lebenslange Rente so ausgestaltet ist, dass sie auch ohne neuen Job ein sehr gutes Auskommen haben – und diese Rente geringer wird, sobald sie mit Mandaten grosse Summen verdienen.
Damit soll verhindert werden, dass sich Bundesräte schon während der Amtszeit Gedanken über ihre persönliche Zukunft machen müssen.