Die Übergabe von Geiseln hat die Hamas bisher als Triumphspektakel für sich und als Akt der Demütigung für ihre Opfer inszeniert. Das einzig Menschliche daran war, dass die Verschleppten, zwar geschunden, wenigstens noch lebten.
Nun gibt es nichts Menschliches mehr.
Selbst Toten, wenn sie Israelis sind, nehmen die Islamisten die Würde. Selbst Trauernden den Trost. Die Aushändigung von vier Leichen an das Rote Kreuz am Donnerstag in Khan Younis war ein Abgrund an Widerwärtigkeit. Vermummte Terroristen stellten die Särge wie Trophäen auf eine Bühne, die von einem abstossenden Grossplakat dominiert wurde. Es zeigt Israels Premier Benjamin Netanjahu als blutrünstigen Untoten, als Vampir, und bezeichnet die israelische Armee als «Nazi-Armee». Ein Zelebrieren der Menschenverachtung, drapiert mit schwer bewaffneten Terroristen, begleitet von arabischer Pop-Musik, bejubelt vom Publikum, im Fernsehen live übertragen.
Falsche Leiche in den Sarg gelegt
Doch nicht einmal dies ist den Islamisten Verhöhnung genug. Den Angehörigen war in ihrem unermesslichen Leid angekündigt worden, wenigstens von den sterblichen Überresten des 84-jährigen Friedensaktivisten Oded Lifschitz, der beiden Buben Ariel und Kfir und deren Mutter Schiri Bibas Abschied nehmen zu können.
Aber Hamas und der Islamische Dschihad hatten statt Bibas, wie eine forensische Untersuchung am Freitag ergab, einen unbekannten Leichnam in den Sarg gelegt. Offenbar nicht einmal jenen einer anderen ermordeten Geisel. Es handelt sich nicht um eine Verwechslung. Es ist geplante, gewollte Abscheulichkeit. Am Freitagabend reichte die Hamas nach eigenen Angaben die «richtige» Leiche nach, als wärs ein Versehen eines Versandhauses gewesen.
Hochzeit entpuppt sich als Fest des Hasses
Ich war vor 30 Jahren zu einem Hochzeitsfest im Gaza-Streifen eingeladen. Monate zuvor hatte ich als Reporter ein Camp im Südlibanon besucht, in das 415 Palästinenser von Israel deportiert worden waren. Darunter waren unbescholtene Gaza-Bewohner, teils wahllos ausgewählt, aber auch spätere Hamas-Chefs. Die Männer, mit denen ich in ihrem öden Zwangsexil das Zelt geteilt hatte, besuchte ich nach ihrer Rückkehr in ihrer Heimat. Am letzten Abend meines Aufenthalts fand das Hochzeitsfest statt.
Es entpuppte sich als Propagandaveranstaltung der Hamas. Zwischen zwei Häuserruinen war eine Bühne aufgebaut, davor auf Hockern rund 50 Männer und 600 Kinder. Ein Bräutigam war zwar kurz auch da – aber schamvolle drei Stunden lang gab es Hassreden auf Israel, Lobpreisungen auf sogenannte Märtyrer, Spott für Jassir Arafat, den damaligen Präsidenten der palästinensischen Autonomiegebiete.
Und ein Theaterstück. Nachgestellt wurde die Hamas-Entführung und Misshandlung des Soldaten Nachshon Wachsman (†19), der 1994 bei einem Befreiungsversuch durch eine israelische Sondereinheit ums Leben kam. Das Publikum johlte begeistert und klatschte entzückt. Statt Fest der Liebe ein Rausch des Hasses.
Die Hamas tötet sogar Tote
Die Kinder, die damals im Publikum sassen, sind heute erwachsene Männer. Gut möglich, dass einige von ihnen mit Sturmmaske und Maschinengewehr am Donnerstag dabei waren, als die Hamas die Übergabe der Leichname zur Propagandaveranstaltung pervertierte.
Grösser als der Märtyrertod ist für die Hamas-Mörder und ihre Komplizen das Töten von Israelis. Noch grösser, wie sich jetzt zeigt, das Erniedrigen von toten Israelis. Eines alten Mannes, einer Frau, zwei Kleinkindern. Wer sogar Tote tötet, stand und steht nie auf der Seite des Lebens. Wer mit ihnen sympathisiert, nicht auf der Seite der Menschlichkeit.