Mehr Fussball-WM geht nicht. Das Schweizer Fernsehen verwöhnte seine sportbegeisterten Zuschauer bei den Spielen der Gruppenphase in dieser Woche mit mehr Liveübertragungen als unsere Nachbarländer. Nicht in Deutschland, nicht in Österreich war es möglich, an den Tagen mit Parallelspielen alle Partien live zu verfolgen. Nur SRF bot Fussball neben dem Hauptprogramm gleichzeitig auf zwei Kanälen an, auf SRF zwei und SRF info. Die Zuschauer der anderen öffentlich-rechtlichen Sender müssen sich bei ARD/ZDF und ORF auch künftig mit Sport auf nur einem Kanal begnügen. Auch heute Sonntag hat der Sport in der Schweiz eine Sonderstellung: Unsere Zuschauer sehen Formel 1, Fussball-WM und Schwingen. SRF bietet alles auf zwei Kanälen.
Dass die SRG die Zeichen der Zeit nach der harten No-Billag-Diskussion richtig erkannt hat, beweist sie im 100-Millionen-Sparprogramm neben einem Personalabbau mit abgespeckten Grossproduktionen und dem selektiven Verzicht auf einzelne Sendungen. Unterhaltung, Serien, Filme und Shows werden vor allem beim jüngeren Publikum künftig vermehrt im Direktabruf per Internet konsumiert.
Das ist zwar Konservenfutter, zum Teil durchaus hochwertiges. Sein absoluter Vorteil: Diese Programme sind zu jedem beliebigen Zeitpunkt und Ort verfügbar. Was den klassischen Fernsehsendern als wichtige und schwer ersetzbare Themenschwerpunkte bleibt, sind News und Livesport. Beide sind teuer in der Produktion und haben ein schnelles Verfalldatum. Von den 1,2 Milliarden Franken Erlös im Jahr will die SRG als Schwerpunkt die Hälfte davon in Informationssendungen investieren. Beim Sport ist die SRG bestrebt, den Zuschauern mindestens die Highlights der Spitzensportarten – siehe aktuell die Fussball-WM – im freien Fernsehen zu zeigen, bevor das Bezahlfernsehen sich alle Rechte sichert. Auch dafür braucht sie die Mittel, die sie jetzt bei der Unterhaltung einspart.
Keine WM ohne unser SRF: Das war allerdings nicht immer so. Es gab eine Fussball-WM, da waren nicht nur unsere Fussballer nicht dabei, sondern auch das Schweizer Fernsehen nicht. Es war Sparen am falschen Ort bei der Fussball-WM 2002 in Südkorea und Japan. Drehscheibe für die Vermarktung der WM-TV-Rechte war eine Agentur des deutschen Medienmoguls Leo Kirch. In praktisch allen europäischen Ländern hatten sich die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten die Rechte bereits gesichert. Nicht so Urs Leutert, Sportchef und Leiter der Business Unit Sport des Schweizer Fernsehens. Er zögerte die Unterzeichnung des Vertrags immer wieder hinaus. Er spekulierte, das Angebot von sieben Millionen Franken könne in der Schweiz ausser der SRG eh niemand bezahlen. Und er zögerte so lange, bis Kirch der Kragen platzte. Um ein Exempel zu statuieren, gab er die WM-Rechte dem Schweizer Programmfenster von Sat.1, das ihm selbst und Ringier zu je 50 Prozent gehörte, zum halben Preis. Man stelle sich die Schmach vor: Der kleine Schweizer Privatsender durfte alle 64 Spiele live zeigen, das nationale Schweizer Fernsehen nur ganz wenige ausgewählte Minuten in der aktuellen Berichterstattung. Die Reaktion damals von Urs Leutert: «Das passiert mir kein zweites Mal!» Nach dem Debakel von 2002 sicherte sich SRF die vier weiteren WM.