Wir leisten uns eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt: Gemessen an der Wirtschaftsleistung war es 2015 mit insgesamt 77 Milliarden Franken das drittteuerste. Den grössten Anteil der Kosten machen stationäre und ambulante Behandlungen in Spitälern und Praxen aus. Gemäss den Mitteln, die zur Verfügung stehen, müsste unsere Gesundheitsversorgung spitzenmässig sein.
Doch das ist nicht so: Regelmässig berichten Patienten, wie es in Spitälern zu Fehlbehandlungen, lebensgefährlichen Infektionen oder überflüssigen Eingriffen kommt. Das aktuellste Beispiel liefert in diesem SonntagsBlick der Arzt Christian Wenk: Was er im Spital durchmachte; wie ohnmächtig er war, als er selbst zum Patienten wurde; wie seine Einwände von den Berufskollegen ignoriert wurden; wie er deshalb fast sein Leben verlor.
Wenk ist kein Einzelfall: Jeder zweite Patient, der Hilfe bei der Schweizerischen Patientenschutzorganisation SPO sucht, schildertähnlich desaströse Erfahrungen.
Ja, die Gesundheit ist unser höchstes Gut. Ja, eine hohe Qualität unserer Versorgung sollte bei der Ausgestaltung der Infrastruktur oberste Maxime sein. Aber andere Kriterien sind offenbar wichtiger.
Pharma-Riesen kassieren ab
Im Mai machte SonntagsBlick öffentlich, wie hoch die Margen von Pharmaunternehmen sind: Wie eine US-Studie zeigte, liegen sie für einzelne Medikamente bei bis zu 7000 Prozent!
Im Juni sorgte ein Arzt für Schlagzeilen, weil er Krankenkassenleistungen in Rechnung stellte, die er nie erbracht hatte. Im August dann die nächste Enthüllung: «Ärzte und Spitäler verrechnen drei Milliarden zu viel!» SonntagsBlick hatte Zahlen des Kassenverbands Santésuisse zitiert. «Ein Kiosk wird besser kontrolliert», hiess es dazu lakonisch in einer Leserzuschrift zu diesem Beitrag.
Politik hätte es in der Hand
Die einzige Kraft, die verhindern könnte, dass unser Gesundheitswesen zugunsten von Interessenvertretern gesteuert wird und dass die Kosten damit weiter steigen, wäre die Politik. Doch die ist mittlerweile selbst zum Vertreter ihrer ganz spezifischen Interessen mutiert.
Jeder Kanton will ein eigenes Akutspital, das möglichst viele Eingriffe selbst durchführt. Letztes Beispiel: Der Kanton Appenzell Innerrhoden setzt auf ein neues Spital für 41 Millionen Franken. Dabei ist die Spitaldichte in der Ostschweiz im Vergleich zu anderen Landesteilen bereits heute am höchsten.
Gesundheitsökonomen und sogar der Spitalverband H+ sind sich einig, dass weniger Spitäler, die auf regionale Zusammenarbeit über Kantonsgrenzen hinweg setzen, besser wären als ständige Neubauten.
Mir als Bürger und potenziellem Patienten bleibt da nur noch die Hoffnung auf spontane Selbstheilung des Systems …