Sie blicken Ende des Monats auf Ihr Lohnkonto und stellen verwundert fest: Der Arbeitgeber hat Ihnen ein paar Hundert Franken zu viel überwiesen: Spesen, die gar nicht angefallen sind. Jetzt können Sie Ihren Arbeitgeber darauf hinweisen, den Fehler bei der nächsten Lohnabrechnung zu korrigieren. Oder Sie schliessen Augen, Ohren und Mund, geniessen den ebenso unerwarteten wie unverdienten Zustupf und hoffen, dass das Geld nie vermisst wird.
Die Berner BLS hat sich für die zweite Variante entschieden: Zwischen 2004 und 2017 erhielt das zweitgrösste Verkehrsunternehmen der Schweiz 45,6 Millionen Franken Subventionen zu viel für den Betrieb des Regionalverkehrs. Die Bahn nahm diese Steuergelder entgegen, ohne mit der Wimper zu zucken. Eigentlich wären sie dafür gedacht gewesen, Zinskosten für Beschaffungskredite zurückzuzahlen. Dass diese Kosten nie anfielen, weil die Zinsen in den letzten Jahren auf ein historisches Tief gesunken sind, störte die BLS-Verantwortlichen nicht.
3,3 Millionen Subventionen zu viel pro Jahr
Sie hätten nun auf Bund und Kantone zugehen und sagen können: «Hey, Freunde, wir haben von euch zu hohe Subventionen erhalten. Die effektiv angefallenen Zinskosten waren deutlich tiefer als die Zinskosten, die wir bei der Erstellung der Kalkulation erwartet hatten.» Doch sie schwiegen.
Zwischen 2004 und 2017 erzielten die BLS im Schnitt einen Gewinn von 8,1 Millionen Franken. Im gleichen Zeitraum kassierten sie pro Jahr durchschnittlich 3,3 Millionen Franken Subventionen zu viel – mehr als ein Drittel des Gewinns. Den BLS-Verantwortlichen muss also bewusst gewesen sein, dass die überhöhten Subventionen massgeblich zum Geschäftserfolg beitrugen.
Nun wird das Geld vermisst
Die logische Frage wäre: Woher kommt dieses Geld? Doch die BLS genossen den unerwarteten, ungerechtfertigten Zustupf – und hofften, dass das Geld nie vermisst werde.
Nun wird es vermisst. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat das Spiel durchschaut. Das klingt nach einem Erfolg. Da die BLS stets transparent ausgewiesen hat, dass die effektiv angefallenen Zinskosten deutlich tiefer waren als die vergüteten, ist dieser Erfolg dennoch zweifelhaft. Wie beim Postauto-Skandal
erkannte das BAV erneut erst Jahre später, dass etwas nicht stimmt.
Schlimmer ist: Die Erkenntnis, dass Subventionen nicht dazu da sind, Gewinne zu erzielen, scheint bei einigen ÖV-Unternehmen wie den BLS nicht angekommen zu sein.