Wer als Zuschauerin in den Ständeratssaal hockt, erblickt mehrheitlich ältere, konservative Herren aus ländlichen Gefilden. Die bunte, junge, ausländische Schweiz hat in der kleinen Kammer hingegen kaum Platz. Und selbst dieser muss gegen alle Widerstände erkämpft werden. Das zeigen die Aussagen der neu gewählten Ständerätinnen: Sie erzählen von einer zweifelhaften Debattenkultur. Voten der Frauen würden unter den Tisch fallen, während die Männer zustimmend nicken, wenn einer ihrer Ratskollegen später denselben Punkt aufnimmt. Es herrscht eine Altherren-Kultur, die auf informellen Netzwerken und Absprachen beruht und jenen die Macht gibt, die sie bereits besitzen. Beides macht es für Ratsneulinge schwierig, sich einzubringen – egal, ob Frauen oder Männer.
Gewiss: In der Politik hat keiner auf einen gewartet. Sich seinen Platz zu erkämpfen und sich zu behaupten, gehört dazu. Aber es kann nicht sein, dass allein jene die Strippen ziehen, die am stärksten ellbögeln, am geschicktesten Hinterzimmer-Deals einfädeln oder am lautesten brüllen.
Die Präsenz der jungen Politikerinnen entspricht ebenfalls dem Wählerwillen – oder wie es eine Ständerätin so schön sagte: «Wir wurden für das gewählt, was wir sind. Und nicht dafür, dass wir uns in alte, konservative Männer verwandeln.»
Deshalb ist es alles andere als demokratisch, wenn ein kleiner, elitärer Kreis Gesetze unter sich vorbespricht und alle anderen später nur noch Ja oder Nein sagen können.
Sicher müssen auch die Neugewählten noch dazulernen. Zumal gerade im Ständerat eine Vielzahl ungeschriebener Regeln herrscht. Wer etwa wiederholt, was ein Parteikollege vor ihm sagte, muss mit schiefen Blicken rechnen. Dasselbe gilt für jene, die zu lange oder bloss für die Galerie reden.
Darum sind letztlich die Debatten im Ständerat so viel interessanter als im Nationalrat: Die Ständerätinnen gehen aufeinander ein, hören sich zu und stimmen dann ab.
Nur muss dieses Aufeinander-Eingehen für alle Mitglieder gelten. Alles andere schadet dem Ansehen des Rats.