Was haben wir uns empört! Die ganze Schweiz schüttelte den Kopf über die Unverbesserlichen, die schon am ersten Samstag nach dem Lockdown die Basler Ausgangsmeile Steinenvorstadt vollstopften. Junge Partygänger – unreif, egoistisch, rücksichtslos. Corona-Ignoranten!
Doch dann kam der Sonntag und mit ihm die überfüllten Fluss- und Seepromenaden von Zürich bis Genf. Vor allem Familien drängte es ins Freie. Im Verlauf der Woche griffen die reiferen Semester zu den Wanderstöcken. An Auffahrt herrschte am Grossen Mythen Dichtestress. Und am selben Abend versammelten sich über 1000 Leute zu einem illegalen Fussballspiel in Lausanne.
Das Volk strömt aus den Häusern. Landauf, landab, Tag und Nacht. Schutzmasken? Fehlanzeige. Junge Partygänger? Quatsch. Wir alle lassen den Lockdown euphorisch hinter uns – und mit ihm auch das Social Distancing. Als ob es das Virus nie gegeben hätte. Doch das Virus ist noch da. Vor kurzem lagen die Fallzahlen in Südkorea fast bei null. Dann steckte ein Mann in einer einzigen Partynacht über 100 Menschen an.
Vielleicht ist das auch in Steinenvorstadt passiert. Vielleicht aber auch auf dem Grossen Mythen oder am Zürichsee. Dann könnten es fast alle von uns gewesen sein – ausser vielleicht die alten Menschen und solche mit einer schweren Vorerkrankung. Viele von ihnen harren weiter zu Hause aus und hoffen, nicht angesteckt zu werden. Denn für sie ist das Virus tödlich.
Was haben wir uns empört. Was sind wir nur für Scheinheilige.