Die Besetzung des Bundesplatzes war ein Regelbruch mit Ansage. Mit den sympathischen Schüler- und Studentendemos hat das nicht mehr viel zu tun. Die Klimastreikbewegung wird radikaler.
Was sich am Montag und Dienstag in Bern abgespielt hat, war eine Mischung aus Öko-Utopie, Hippie-Provokation und Selbsthilfegruppen-Spektakel. Die Klimacamper wollten maximale Aufmerksamkeit. Damit haben sie vielleicht ihre Anhänger bestärkt, alle anderen aber abgeschreckt. Selbst Leute, die ihnen bisher wohlgesinnt waren.
Vor einem Jahr hat die europäische «Fridays for Future»-Bewegung in Lausanne noch diskutiert. Etwa darüber, ob und – wenn ja – wie weit man mit den radikalen Klimaaktivisten von Extinction Rebellion zusammenarbeiten will.
Beim Protestcamp in Bern war keine Auseinandersetzung mehr zu spüren und auch keine Vielfalt. Die ideologische Bandbreite, die die junge Klimastreikbewegung geprägt hat, ist vorbei. In Bern haben sich Klimajugend, Extinction Rebellion und andere Organisationen bewusst vermischt und auf Linie gebracht. Auch Schüler waren in Bern kaum noch dabei. Umso mehr routinierte und trainierte Aktivisten.
Alle Ultimaten und Angebote haben die Bundesplatz-Besetzer ignoriert.
Das entlarvt ihr vermeintliches Dialogangebot als Farce. Sie sehen sich im Kampf – nicht nur gegen den Klimawandel, sondern auch gegen die Demokratie in der Schweiz, gegen «das System».
Ziviler Ungehorsam wird für sie darum künftig nicht mehr die Ausnahme sein, sondern die Regel. Das bringt ihnen Aufmerksamkeit für die Bewegung, aber immer weniger Verständnis für die Sache.