Corona hat die Klimajugend von der Strasse gehustet. Beim weltweiten Klimastreiktag am Freitag standen einsame Schuhpaare auf dem Sechseläutenplatz – ohne ihre Besitzer. Die blieben brav zu Hause und streikten in einer 24-Stunden-Videokonferenz.
Mit Corona verschwand nicht nur der laute Protest von der Strasse, sondern auch sein Thema von der Agenda. Die Weltklimakonferenz ist auf 2021 vertagt, die EU streitet über Corona-Bonds statt über Treibhausgase. Die Welt steht still und der Klimaschutz liegt auf Halde. Aber warum eigentlich?
Das Thema drängt: Seit Wochen bleibt der Niederschlag aus, das vergangene Jahr war in Europa das heisseste jemals. Die Klimajugendlichen haben gezeigt, dass sie die Corona-Krise ernst nehmen. Jetzt muss die Politik zeigen, dass sie die Klimakrise ernst nimmt. Nie gab es bessere Voraussetzungen dafür.
Die Politik zeigt ja gerade, dass sie durchaus auf die Wissenschaft hören kann, wenn es ernst gilt. Wissenschaftler sind in der Corona- Krise so etwas wie Topstars, der deutsche Chef-Virologe Christian Drosten avanciert qua Kompetenz zum Sexsymbol. Ich würde es verstehen, falls ETH-Klimaforscher Reto Knutti da neidisch wäre. Nicht auf den Sex, aber darauf, dass man endlich ausserhalb der eigenen Blase ernst genommen wird. Und zwar mit allen Konsequenzen und stillstehenden Flugzeugen und nie wieder Fleisch auf dem Teller. Bei Corona vermindert Letzteres Zoonosen, beim Klima Treibhausgase.
Harte Massnahmen sind durchsetzbar. Und ich möchte wirklich keine Werbung dafür machen, dass wir noch jahrelang zu Hause sitzen und Bananenbrot backen. Aber wie schön wäre es, wenn der Urlaub auf Balkonien wieder salonfähig würde? Und die Rettungspakete, die die Politik jetzt schnürt, Umweltaspekte beachteten? Das Runterfahren der Wirtschaft war nachhaltig für unser Wohlergehen. Ein nachhaltiges Hochfahren wäre es für künftige Generationen.
Die Corona-Krise hilft der Klimakrise übrigens gerade schon. Viele Länder werden ihre Klimaziele in diesem Jahr wohl doch noch erreichen: Weil die Flugzeuge auf dem Boden, die Autos in der Garage und Fabriken geschlossen bleiben, sinkt der Treibstoffausstoss. Minus mal minus ergibt plus oder so ähnlich.