Am Mittwoch blickt die Nation nach Bern. Es sind Bundesratswahlen – ein Ritual, das mit kurioser Fallhöhe daherkommt: Angesichts der oftmals bescheidenen Dramatik wirkt das öffentliche Brimborium im Vorfeld der Magistratenkür jeweils ziemlich überzogen.
Schon das Etikett «Nacht der langen Messer», mit dem der Abend vor der Wahl leider noch immer bezeichnet wird, erfüllt den Tatbestand des Verhältnisblödsinns, steht es doch historisch für den «Röhm-Putsch», ein Ereignis aus der Nazi-Zeit, als Hitler parteiinterne Konkurrenz mörderisch beseitigen liess.
Im Vergleich dazu sind die Bundesratswahlen Nasenwasser, aus weltpolitischer Warte betrachtet ein Flohzirkus. Zum Glück!
Auch die anstehende Ausmarchung zwischen dem Zuger Regierungsrat Martin Pfister und dem St. Galler Bauernpräsidenten Markus Ritter dürfte ein wohltuend unspektakuläres Ereignis werden. Keiner der Kandidaten tut sich mit Beleidigungen hervor, keiner stellt Wahrheiten auf den Kopf, keiner setzt sich mit einem Tabubruch in Szene.
Vielleicht werden einzelne Politkommentatoren in ihrer Sehnsucht nach dem Spektakel eine heimliche Enttäuschung verspüren. Immerhin kommen sie mit dem nun frei werdenden Departement auf ihre Rechnung – das VBS befindet sich für helvetische Massstäbe in beachtlicher Schieflage. Mit Bundesrätin Viola Amherd, Armeechef Thomas Süssli und Geheimdienstchef Christian Dussey wird der Sicherheitsapparat derzeit gleich von drei «lame ducks», lahmen Enten, geführt.
Doch selbst dieser Sachverhalt kümmert das Ausland keinen Deut. Man stelle sich das internationale Echo vor, wenn Frankreich, Grossbritannien oder gar die Ukraine in eine vergleichbare Lage geraten sollten.
Gelegentlich dringt der mediale Appetit auf Apokalypse bis in die Schlagzeilen durch, wenn etwa die «NZZ» titelt: «Muss zuerst eine Rakete einschlagen, bis die Schweiz den Ernst der Lage versteht?» Es ist nicht tollkühn, diese Frage mit Nein zu beantworten. Das neutrale Nato-Nichtmitglied Schweiz hat das Glück, von Freunden umzingelt zu sein – die ihre Militärausgaben gerade massiv in die Höhe schrauben. Die Alpenrepublik ist ein Zwerg auf der geopolitischen Landkarte, eine Oase der Beständigkeit in der hektischen Gegenwart, ein Labsal im globalen Wahnsinn.
Je schriller die Geräusche der weltweiten Erregung, desto dringender gilt im Kleinstaat das Gebot der Besonnenheit. Das bisschen Aufregung vor den Bundesratswahlen reicht völlig.