Berner Platte – die SonntagsBlick-Kolumne
Bundesrat macht Mais

Aline Trede über den neu entfachten Kampf um Gentechpflanzen.
Publiziert: 06.04.2025 um 09:06 Uhr
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Aline Trede, Nationalrätin und Fraktionschefin der Grünen.
Foto: keystone-sda.ch

Mögen Sie sich noch an den Film «Mais im Bundeshuus» erinnern? Ich habe ihn 2003 auf der Piazza Grande gesehen, kurz vor meinem 20. Geburtstag. Der Film begleitete die damalige Debatte im Bundeshaus über den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen.

2005 wurde die Gentechfrei-Initiative von der Schweizer Bevölkerung deutlich angenommen, alle Kantone sagten Ja. Die Initiative verlangte ein fünfjähriges Moratorium, das vom Parlament seither drei Mal verlängert wurde.

Die Moratoriumsverlängerung betraf nur den kommerziellen Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in der Schweizer Landwirtschaft. Die Forschung wurde nicht eingeschränkt und Freisetzungsversuche in die Umwelt sind zu Forschungszwecken erlaubt. Auch der Import ist grundsätzlich erlaubt. Nun kommt aber wieder Bewegung in die Gentech-Diskussion, neue Verfahren sollen zugelassen werden. Die EU diskutiert Veränderungen, und der Bundesrat hat am Mittwoch ein Gentechnik-Spezialgesetz unter dem Namen Züchtungstechnologiengesetz in die Vernehmlassung geschickt.

Und er machts im wahrsten Sinne des Wortes geschickt. Es geht um die Regulierungen von neuen gentechnischen Verfahren. Neue gentechnische Verfahren ermöglichen tiefgreifende Eingriffe ins Erbgut und verschärfen damit die erheblichen Risiken der Gentechnik für Mensch, Tier und Umwelt. Eine Risikoprüfung aller gentechnisch veränderten Pflanzen im Einzelfall vor der Zulassung ist daher nötig. Der Gesetzesentwurf des Bundesrats ignoriert dies: Gentechnik-Pflanzen könnten künftig ohne Risikoprüfung zugelassen werden, wenn «bereits vergleichbare Pflanzen mit vergleichbaren Veränderungen, die mittels neuer Züchtungstechnologien erzeugt wurden, als sicher beurteilt wurden.» (Aus der Medienmitteilung des Bundes, 2. April 2025). Das ist schlicht und einfach nicht wissenschaftlich.

Aktuell ist eine Volksinitiative in der Sammelphase, die gentechfreie Lebensmittel sicherstellen will. Sie ist offener als das heutige Moratorium, aber will eine klare Risikoabschätzung der veränderten Pflanzen und eine klare Deklaration für die Konsumentinnen und Konsumenten. Nach dem vorliegenden Entwurf des Bundesrats muss ich sagen, dass die Initiative die einzige vernünftige Lösung ist, wenn wir nicht ein zu hohes Risiko für Eingriffe in die Natur eingehen wollen.

* Aline Trede ist Fraktionschefin der Grünen im Nationalrat und Umweltwissenschaftlerin. Sie schreibt hier jeden zweiten Sonntag – im Turnus mit SVP-Nationalrat Alfred Heer.

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