Behörden müssen umdenken
Auch Rechtsextreme können Terroristen sein

SonntagsBlick-Reporter Fabian Eberhard beobachtet die rechtsextreme Szene in der Schweiz schon lange. Er mahnt: Neonazis müssen besser überwacht werden. Denn der Anschlag von Christchurch habe gezeigt: Ein zu starker Fokus auf Islamisten kann tödlich enden.
Publiziert: 23.03.2019 um 23:45 Uhr
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Aktualisiert: 25.03.2019 um 13:22 Uhr
Fabian Eberhard, Reporter
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Rechtsextreme in der Schweiz feiern das Attentat des Christchurch-Terroristen. T.S, Basel-Chef der rechtsextremen Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) schreibt unter falschem Namen auf Facebook: «Wenn mehr so wären wie er, hätten wir schon gewonnen und unser Volk gerettet.»
Foto: Screenshot Facebook
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Fabian EberhardStv. Chefredaktor SonntagsBlick

Der Täter von Christchurch ist ein Terrorist. Er hetzte auf seinem Facebook-Profil jahrelang gegen Migranten. Er schwärmte für rechtsextreme Attentäter wie den Norweger Anders Breivik und postete Fantasien über Gewalt gegen Muslime. Am 15. März stürmte er ungehindert zwei Moscheen und erschoss 50 Betende.

Wie konnte dieser gewaltbereite Faschist unter dem Radar der Sicherheitsbehörden durchschlüpfen? Die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern erklärte das so: «Wir haben uns zu einseitig auf islamistischen Terror konzentriert.»

Fokus auf radikalen Muslimen

Tatsächlich liegt der Fokus westlicher Geheimdienste heute auf radikalen Muslimen. Angesichts der oft knappen Ressourcen durchaus verständlich, waren der Islamische Staat (IS) und seine fanatischen ­Anhänger in den letzten Jahren doch die grösste Gefahr für die ­öffentliche Sicherheit.

Dennoch war das ein tödlicher Fehler. Im Schatten dieser Strategie haben sich Rechtsextreme radikalisiert, vernetzt und bewaffnet – auch in der Schweiz. Mehr noch: Hierzulande müssen Neonazis besonders wenig befürchten. Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) ist nicht nur auf dem rechten Auge blind, ihm sind die Hände sogar gesetzlich gebunden. Militante Rechte können deshalb nicht ausreichend überwacht werden.

Unterschied zwischen Gewaltextremisten und Terroristen

Grund ist eine eidgenössischen Eigenheit: Die Schweizer Sicherheitspolitik unterscheidet bei Radikalen zwischen Gewaltextremisten und Terroristen. Rechtsextreme fallen unter die erste Kategorie. Elektronische Überwachungsmassnahmen dürfen allerdings nur gegen die zweite 
Kategorie erlassen werden, und das sind die Dschihadisten.

Diese Regelung muss revidiert werden. Denn da ist eine Bedrohung herangewachsen, die in Form und Umfang, in Tatausführung und ­Niederträchtigkeit dem IS-Terror in nichts nachsteht.

Historisch löste eine Welle des Terrors meist eine andere ab. Gestern Samstag fiel die letzte Bastion des IS in Syrien. Das Terrorkalifat ist zumindest territorial am Ende.

Höchste Zeit umzudenken und den Überwachungsfokus neu zu justieren. Bevor es zu spät ist.

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