Roberto Zanetti war nicht zu stoppen. Er zitierte aus Gesetzen, fuchtelte mit Papieren, beschwor seine Kollegen. Vierundzwanzig Minuten dauerte seine Beweisführung. Vierundzwanzig Minuten, während derer alles möglich schien. Dann war der Moment vorüber.
Das Plädoyer des SP-Ständerats am vergangenen Montag war dasjenige eines Mannes, der sich im Recht wusste. Und dem gleichzeitig die Vergeblichkeit seines Unterfangens bewusst war.
Der Solothurner versuchte, seine Ratskollegen davon zu überzeugen, gegen die hohen Nitratwerte vorzugehen. Eigentlich hätte er leichtes Spiel haben sollen. Selbst bürgerliche Politiker sind der Meinung, es bestehe Handlungsbedarf: Zu viel Gülle und Kunstdünger verunreinigen unser Grundwasser. Dennoch stimmten am Ende der Debatte dieselben bürgerlichen Politiker entweder dagegen, oder sie zeigten sich lediglich bereit, das Problem zu thematisieren.
Was war passiert? Zanetti war gegen einen übermächtigen Gegner angetreten. Einen, den die Politiker fürchten: den Bauernverband.
Wie lang dessen Arm ist, zeigt just die Tatsache, dass selbst die Ständeräte – zumal aus ländlichen Kantonen – sich seinem Einfluss kaum entziehen können. Auch wenn es die meisten von ihnen im Gespräch verneinen. Und sie mit schöner Regelmässigkeit antworten: «Wissen Sie, ich bin mir Druckversuche gewohnt. Von allen Seiten. Am Ende entscheide ich unabhängig.»
Mit Verlaub: Das ist Mist.
Kaum ein anderer Verband versteht es, solchen Druck aufzubauen wie der Bauernverband. Die Bauernlobby verschickt E-Mails zu jedem agrarpolitischen Geschäft, macht Telefonate und organisiert regelmässig persönliche Treffen mit Politikern. Das führt dazu, dass sich diese jedes Mal gut überlegen, wie sie ihren Entscheid später vor den Landwirten rechtfertigen. Auch an Podien sind die Bauern sehr präsent: Jenen, die gegen die Interessen der Landwirtschaft stimmten, stellen sie aus dem Publikum heraus kritische Fragen – eine Situation, die sich kein Politiker wünscht. Im Vorfeld der Wahlen empfehlen sie einen zur Wiederwahl oder sie tun es ausdrücklich nicht. Und natürlich darf neben der Peitsche auch die Zuckerrübe nicht fehlen: Für jene, die im Sinne der Bauern stimmen, gibt es Lob und positives Feedback.
Die Lehre aus alldem? Jene, die am lautesten schreien, werden am ehesten gehört. Das ist nicht unbedingt im Sinne der Demokratie. Vielleicht ist es deshalb auch für andere Organisationen Zeit, etwas lauter zu brüllen. Damit nicht ein einziger Akteur in Bundesbern ein Vetorecht hat.