Die Grippewelle ebbt langsam ab, die Grippen-Viren lassen uns bis nächsten Winter wieder in Ruhe. Nicht so die Computer-Viren, die kennen weder Jahreszeiten noch Schonfristen. So ist inzwischen alles rund um die Uhr eine potenzielle Zielscheibe für Cyber-Attacken. Informationssicherheit ist nicht nur für jede und jeden Einzelnen von uns wichtig, sie ist matchentscheidend für eine florierende Wirtschaft und einen funktionierenden Staat.
Das Internet hat Schwachstellen
Und sie wird noch wichtiger in den nächsten Jahren, wenn uns das Internet der Dinge geschätzte 20 Milliarden zusätzlicher Geräte beschert, die weltumspannend verbunden sein werden. Das Internet beruht allerdings auf Techniken, die in die Jahre gekommen sind und nicht entwickelt wurden, um besonders sicher zu sein, sondern primär um die Kommunikation zwischen Computern zu erleichtern. So regelt etwa ein spezielles Protokoll, welche Wege die Datenpakete im Internet nehmen. Diese Wege sind oft verschlungen. Wenn ich in Zürich Daten von einem Server in Lausanne abrufe, dann gelangen die Datenpakete vielleicht erst über einen Umweg ausserhalb der Schweiz auf meinen Computer. Diesen Umstand machen sich Hacker wie Geheimdienste zunutze, indem sie Informationen gezielt umleiten und ausspionieren. Das betrifft selbst Daten des US-Militärs. Das Internet hat also verschiedene Schwachstellen, die den Datenverkehr fehleranfällig oder zur leichten Beute für Kriminelle machen. ETH-Forschende haben einen Lösungsvorschlag entwickelt, um das Internet sicherer, transparenter und leistungsfähiger zu machen.
Dieses Projekt soll das Internet sicherer machen
Die neue Internet-Architektur der ETH baut auf dem bestehenden Internet auf, merzt aber die bekannten Schwachstellen aus. Zudem gibt sie den Internetnutzern im Unterschied zu heute die Möglichkeit, den Pfad ihrer Daten selber festzulegen und nachträglich auch zu überprüfen, ob der vorgegebene Weg auch tatsächlich eingeschlagen wurde. Eine Kernidee dieses Scion genannten Internetprojekts ist, dass sich verschiedene Netzwerke über gemeinsame Regeln und gegenseitiges Vertrauen zusammenschliessen und so einen sicheren und transparenten Internetverkehr ermöglichen. Das kann innerhalb einer Grossorganisation sein, aber auch verschiedene Netzwerkbetreiber innerhalb eines Landes umfassen. In Scion ist seit zehn Jahren viel Forschung geflossen. Inzwischen wird das System von mehreren Schweizer Firmen, der Internet-Organisation Switch sowie dem ETH-Bereich auf Herz und Nieren getestet. Gerade für Bereiche mit erhöhten Anforderungen an die Datensicherheit wie Banken oder Spitäler kann Scion in den nächsten Jahren ein interessanter Ansatz sein.
In der Schweiz gibt es, wie in anderen Ländern auch, einen steigenden Bedarf an Fachleuten, die Computer-Netzwerke sowie Soft- und Hardware vor den Gefahren aus dem Cyberspace schützen können. Die beiden Eidgenössischen Technischen Hochschulen, die ETH Zürich und die EPFL, werden deshalb ab Herbst einen neuen gemeinsamen Masterstudiengang in Cybersecurity anbieten – und damit auch einem Wunsch von Parlament und Bundesrat nachkommen.
Ihr Joël Mesot