Alles, was wir haben, will man nicht. Und das, was man will, haben wir nicht. Willkommen im sogenannten Skillsgap. In der Lücke zwischen gesuchten und vorhandenen Fähigkeiten, die ständig wächst. Unser Können ist nicht mehr gefragt. Neue Fertigkeiten wollen gelernt sein.
Aber die Schweiz packt diese Herausforderungen nicht an. Stattdessen versickern Millionen in der Verwaltung. Die Eidgenössische Finanzkontrolle hat aufgezeigt, dass allein die Arbeitslosenversicherungen 50 Millionen Franken sparen könnten, wenn sie schlanker organisiert, und weitere Millionen, wenn sie digitaler wären. Mit dieser verschwendeten Unsumme könnten alle Schweizerinnen und Schweizer gefördert und fit getrimmt werden für die Zukunft.
Weiterbildung gegen Job-Verlust
Menschen müssten nämlich gar nicht erst ihren Job verlieren. Singapur denkt da weitsichtiger und unterstützt KMU, die ihre Mitarbeiter weiterbilden. Sie übernehmen bis zu 90 Prozent der Kurskosten.
Wenn Firmen sich neu erfinden, dann müssen dies auch ihre Mitarbeiter tun. Digitaler Wandel muss Hand in Hand gehen. Mit schlecht qualifizierten Mitarbeitern gewinnt man keinen Wettbewerb. Deshalb entwickelt der asiatische Tigerstaat zusammen mit Tech-Firmen wie IBM eigene Weiterbildungen, die er Jobsuchenden offeriert.
Singapur feiert das Wissen
Das nennt sich SkillsFuture-Programm. Singapur feiert Fertigkeiten und Wissen in wochenlangen Festivals. Es zeigt den Menschen, wie sie sich lebenslang verändern und lernen können, ohne je ihren Job zu verlieren. Mit Erfolg. Der Anteil der Erwachsenen, die sich weiterbilden, ist seit 2015 von 35 auf 48 Prozent gestiegen.
Arbeitsmarkt und -vermittlung sind gerade auch beim Staat eine Sache von Big Data. Datenanalyse hilft, Entscheidungen in Echtzeit zu treffen. In welche Richtung verändert sich die Arbeitswelt, wo gibt es Chancen? Welche Tools helfen Menschen, neue Fertigkeiten zu entdecken und diese aufzubauen? Wo finden sich die besten Online-Kurse?
Braucht es die RAV überhaupt?
Der Staat könnte dank Daten auch sehen, welche Menschen er am meisten unterstützen müsste. Die OECD empfiehlt, Data-Profiling bei der Arbeitslosenförderung zu nutzen. So würde weniger Geld für jene verschwendet, die schnell einen Job finden, und mehr investiert in ganz junge oder ältere Menschen. Viele Länder setzen bereits darauf.
Braucht es RAV überhaupt noch? Diese vielen teuren Filialen? Reichen nicht eine Plattform und eine einfache App fürs Smartphone mit ersten Online-Tests, Inspiration, einem Echtzeitradar für freie Jobs und für den Bürokram, der online effizient erledigt werden kann? Nach ein paar Klicks könnte bereits das Lernen beginnen. Der erste Schritt aus der Arbeitslosigkeit sollten sogleich personalisierte Kurse und Coaching sein.
Wer seinen Job verliert, braucht nicht Bürokratie, sondern Befähigung. Und die Schweiz braucht fähige Menschen, wenn sie in Zukunft bestehen will.
Patrizia Laeri (42) ist Wirtschaftsredaktorin und -moderatorin von «SRF Börse» und «Eco» sowie Beirätin im Institute for Digital Business der HWZ. Sie schreibt jeden zweiten Mittwoch im BLICK.