AfD-Politiker Alexander Gauland soll nicht mehr in die Talk-Sendung «Hart aber fair» eingeladen werden, weil er die Verbrechen der Nazi-Zeit als «Vogelschiss» der Geschichte bezeichnet hat. Letztes Jahr wurde AfD-Vordenker Marc Jongen, der den Kulturbetrieb «entsiffen» will, zu einem Podium im Zürcher Theaterhaus Gessnerallee ein- und nach Protesten wieder ausgeladen. Letzte Woche widerfuhr dasselbe Steve Bannon, dem ehemaligen Chefstrategen von Donald Trump: Bannon, der Anhängern des französischen Front National geraten hatte, die Bezeichnung Rassist als «Ehrenmedaille» zu tragen, wurde zu einem Podium des liberalen Wochenmagazins «New Yorker» ein- und nach Protesten wieder ausgeladen.
Einladung gut, Ausladung gut
Für die Ausgeladenen sind solche Manöver Geschenke des Himmels: Die Einladung adelt sie als ernst zu nehmende Gesprächspartner, die Ausladung ermöglicht ihnen, sich als Zensuropfer zu inszenieren und das Schwinden der Meinungsfreiheit zu beklagen. Was so scheinheilig wie unberechtigt ist: Gauland, Jongen, Bannon & Co. können sich nicht nur in den sozialen Medien und auf eigenen Podien weit herum Gehör verschaffen, sie instrumentalisieren auch die von ihnen kritisierten «Mainstream-Medien» schamlos. Sie sind mit ihren Themen präsent, selbst wenn sie physisch mal nicht anwesend sein sollten.
Um die Meinungsäusserungsfreiheit müssen wir uns also keine Sorgen machen. Niemand wird hierzulande niedergebrüllt, am wenigsten die, die das lauthals behaupten.
Warum mit Rassisten reden?
Aber Journalisten, Podiumsveranstalter, Talkmaster sollten sich genau überlegen, ob sie Menschenverächtern, Holocaust-Bagatellisierern, Rassisten ein Mikrofon unter die Nase halten. Werden dadurch nicht extreme und sehr fragwürdige Positionen «normalisiert»? Welche Wirklichkeit wird als relevante geschaffen? Tut man es um der Aufmerksamkeitsquote wegen? Oder aus Eitelkeit? Um zu zeigen, was man draufhat? (Der Chefredaktor des «New Yorker», David Remnick, wollte seinen Widersacher Bannon in eine «kämpferische Diskussion» verwickeln.)
Glaube an die Aufklärung
Die Hoffnung auf eine echte Auseinandersetzung mag jeden Versuch rechtfertigen. Der Glaube an die Kraft des stärkeren Arguments. An die Aufklärung also. Bediene dich deines eigenen Verstandes, habe Mut, alles wird gut.
Ursula von Arx glaubt und appelliert bis heute an die Vernunft, nicht zuletzt an die ihrer Kinder. Obwohl sie die Wirksamkeit populistischer Methoden zugeben muss: Ein bisschen Zucker, ein bisschen Peitsche, das hat durchaus seine Reize. Von Arx schreibt jeden zweiten Montag im BLICK.