«Das ist in der freien Szene fast nicht mehr finanzierbar»
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Schlatter zum Volkstheater:«Das ist in der freien Szene fast nicht mehr finanzierbar»

Zweites Volkstheater-Festival in Meiringen
Theatervolk liebt Volkstheater

Dieses Wochenende geht das zweite Volkstheater-Festival in Meiringen zu Ende. Endlich hat der drittgrösste Laienkulturverband eine Bühne mit nationaler Ausstrahlung.
Publiziert: 18.06.2022 um 16:01 Uhr
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Das Theaterfestival Meiringen geht dieses Jahr nach 2019 zum zweiten Mal über die Bühne.
Foto: Thomas Meier
Daniel Arnet

Männerfreundschaften sind zerbrechlich wie Meringue aus Meiringen BE: Das zeigt sich im Berner Zuckerbäcker-Ort während der Aufführung von Yasmina Rezas (63) Theaterstück «Kunst» durch Stuckatour aus Volketswil ZH.

Stuckatour ist eine von acht Amateurtheatergruppen, die am zweiten Volkstheater-Festival in Meiringen auftreten – heute gehen noch zwei Vorstellungen über die Bühne, bevor morgen Sonntag die Goldene Meringue als Preis in verschiedenen Kategorien verliehen wird.

Gewinnerin ist jetzt schon die Volkstheaterszene, denn mit diesem Festival bekommt der drittgrösste Laienkulturverband der Schweiz endlich einen Anlass von nationaler Ausstrahlung, wie ihn Trachtenvereinigung und Jodlerverband längst kennen.

Thierry Ueltschi (46), Präsident des Organisationskomitees vom Volkstheater-Festival Meiringen, ist begeistert. «Ich hätte nie erwartet, dass so viele Leute kommen», sagt er. «Das Festzelt war am Eröffnungstag letzten Mittwoch berstend voll.»

Ein Laiendarsteller, drei Rollen

Auch Schauspielerinnen und Schauspieler sind des Lobes voll. «Das ist eine geniale Sache», sagt der Volketswiler Laiendarsteller Heinz Brunner (57). Hier gebe es eine perfekte Infrastruktur, und jede und jeder könne sich bestens mit anderen austauschen.

Wie stark Vernetzung die Szene prägt, beweist das Beispiel von Brunner selbst: Der Bauführer zeigt sein Verwandlungstalent und steht gleich bei drei Produktionen in völlig unterschiedlichen Rollen auf der Bühne. Unter anderem als Serge in «Kunst».

Serge kauft ein Ölgemälde für 200'000 Franken. Doch das Werk ist bloss eine weisse Leinwand, was die Freundschaft mit Mike (Marc Hofmann) und Yvan (Thom F. Küng) arg belastet. Eine Gaudi für das bunt gemischte Publikum in der alten Tramhalle von Meiringen.

Auch Jury-Präsident Beat Schlatter (61) ist vom Gezeigten angetan. «Dass ein Darsteller im Volkstheater gleich drei so unterschiedliche Rollen in verschiedenen Genres spielen kann wie Heinz Brunner, ist eine grosse Leistung», sagt Schlatter.

Bühnenversion vom Spielfilm «Verdingbub»

Eben bekam Brunner vom Zentralverband Schweizer Volkstheater (ZSV) den Veteranenausweis für sein 30-jähriges Wirken auf Laienbühnen. Das Theatervirus infizierte ihn allerdings schon früher. Brunner: «Mit 16 trat ich mit der Jugendmusik Dübendorf in einem Schwank auf.»

Ein Begriff, den Schlatter nicht gerne hört: «Man muss das Klischee revidieren, dass Volkstheater nur Bauernschwänke zeigt», sagt er. «Die zeigen auch zeitgenössische Stücke.» Wie eben «Kunst» von Yasmina Reza.

Heute wagt sich das Theater Toffen BE sogar an die Bühnenversion eines Spielfilms: Um 14 Uhr führen sie in der Tramhalle den «Verdingbub» von Markus Imboden (65) auf. Um 20 Uhr folgt dann noch «Traumhochziit» vom Theaterverein Worben BE.

Und wie geht es mit dem Volkstheater-Festival weiter? OK-Präsident Ueltschi hat Ausbaupläne, will das Festival um Westschweizer Produktionen erweitern – und Meiringen so zum Nabel der ganzen Schweizer Laientheaterszene machen.

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