Nach dem Nationalrat hat am Montag auch der Ständerat den indirekten Gegenentwurf des Bundesrats angenommen und damit einen Mittelweg eingeschlagen. Die Aufstockung der Mittel für den Fonds de Roulement soll der Initiative des Mieterverbands den Wind aus den Segeln nehmen. Die Erhöhung der Bundesmittel tritt in Kraft, sobald die Volksinitiative zurückgezogen oder abgelehnt worden ist.
Das Volksbegehren verlangt, dass der Bund in Zusammenarbeit mit den Kantonen das Angebot an preisgünstigen Mietwohnungen fördert. Mindestens 10 Prozent der neu gebauten Wohnungen müssten im Eigentum von Trägern des gemeinnützigen Wohnungsbaus sein. Das Ziel soll unter anderem mit Vorkaufsrechten für Kantone und Gemeinden erreicht werden.
Die Initiative geht der kleinen Kammer zu weit. Die bisherige marktwirtschaftlich orientierte Wohnungspolitik des Bundes habe sich bewährt und werde mit der Aufstockung des Fonds de Roulement weitergeführt, sagte Pirmin Bischof (CVP/SO) im Namen der Kommission.
Für die Initiative warben nur SP und Grüne. Paul Rechsteiner (SP/SG) gab zu bedenken, dass ein Teil der Bevölkerung neben der stetigen Erhöhung der Krankenkassenprämien auch mit der stetigen Erhöhung der Mietpreise konfrontiert sei. Es dürfe nicht sein, dass künftig nur Menschen mit grossen Einkommen in der Stadt leben könnten.
Wirtschaftsminister Guy Parmelin wiederholte im Ständerat die bekannte Haltung des Bundesrats. Die Forderungen der Initiative seien unrealistisch und die Kosten zu hoch, sagte er. Die Wohnungssuchenden brauchten jedoch Unterstützung. Der Fonds de Roulement sei das angemessene Instrument.
Der Fonds für den gemeinnützigen Wohnungsbau existiert seit Jahrzehnten. Damit können Wohnbaugenossenschaften zinsgünstige Darlehen gewährt werden. Die Aufstockung erlaubt es, die Förderung im heutigen Umfang weiterzuführen.
Ständerat Roberto Zanetti (SP/SO) sprach von einer «segensreichen Einrichtung". Er plädierte für eine grössere Aufstockung des Fonds um weitere 125 Millionen Franken, überzeugte mit dieser Idee aber ausser seinen Parteikollegen niemanden.
Philipp Müller (FDP/AG) suchte mit seinem Antrag das andere Extrem und wollte ganz auf eine Aufstockung verzichten. Der Fonds sei ein Risiko, warnte er - und verwies auf die Bürgschaften bei der Hochseeschifffahrt, die den Bund nun teuer zu stehen kommen.
Weil Müller aber nicht auf alle seine bürgerlichen Ratskollegen zählen konnte, blieb er chancenlos. Selbst Peter Föhn (SVP/SZ), der nach eigenen Aussagen selten dem Bundesrat folgt, plädierte für den indirekten Gegenvorschlag. «Wir unterstützen damit auch das lokale Gewerbe", argumentierte er.
In der Gesamtabstimmung hiess der Ständerat den indirekten Gegenentwurf mit 36 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen gut. Die Volksinitiative selbst empfiehlt er mit 31 zu 12 Stimmen zur Ablehnung. Die Vorlage ist damit bereit für die Schlussabstimmung.
Der Hauseigentümerverband Schweiz (HEV) und der Verband Immobilien Schweiz (VIS) begrüssten in Medienmitteilungen die Ablehnung der Volksinitiative durch den Ständerat. Angesichts der sich abzeichnenden Entspannung bei den Mietpreisen sei die Initiative des Mieterverbandes «weder realistisch noch marktkonform", schreibt der HEV.
Für den VIS würde bei einem Ja zur Initiative weniger Wohnraum auf den freien Markt gelangen und die Wohnbautätigkeit mittels Steuergeldern intensiviert. Das würde letztlich die Mieten auf dem Markt verteuern.
Der Schweizerische Mieterinnen und Mieterverband (SMV) und der Verband Wohnbaugenossenschaften Schweiz (VWS) bedauern die Ablehnung der Initiative durch den Ständerat und sprechen von einer verpassten Chance. Die Sorgen der Mehrheit der Bevölkerung würden nicht ernst genommen, erklärte SMV-Präsident Carlo Sommaruga. Und die Spekulation werde nicht bekämpft.
Die Erhöhung des Rahmenkredits um 250 Millionen sei zwar wichtig, reiche aber bei weitem nicht aus, um den Anteil der gemeinnützigen Wohnbauträger und bezahlbarer Wohnungen substanziell zu erhöhen, so Sommaruga weiter.
Etwas positiver sieht es VWS-Präsident Louis Schelbert. Die Mitglieder des Parlaments würden anerkennen, «dass weiterhin Handlungsbedarf im Wohnungsmarkt besteht". Um den Anteil des gemeinnützigen Wohnungsbaus zu erhöhen, brauche es aber beides, die Aufstockung des Fonds und die Initiative, so Schelbert.