Wer in den selbst gebauten Höhlenbau von Martin Fuchs will, muss den Kopf einziehen. Nur 1,50 Meter hoch ist der mit Haselnussruten überdeckte Lehmbau am Waldrand bei einem Bauernhof in der Gegend um Luzern. Seit rund zwei Jahren verbringt der gelernte Robotik-Ingenieur hier seine Nächte.
Seine Nachbarn sind eine Dachsfamilie und ein Jungfuchs, die sich gelegentlich blicken lassen. «Offenbar fühlen sich die Tiere nicht gestört von meiner Anwesenheit», erzählt der 38-Jährige im Interview mit BLICK. Als Naturmensch fühle er sich im Wald am wohlsten. Hier finde er am besten zur Ruhe. Trotz seines ungewohnten Schlafplatzes sieht sich Martin Fuchs aber nicht als Einsiedler und Aussteiger. «Ich bin gern in der Gemeinschaft. Meine Höhle ist einfach mein Rückzugsort und mein Schlafraum.»
Gesetzliche Grauzone
Seine Gemeinschaft ist der Bauernhof, wo Martin Fuchs mit dem Hofbesitzerpaar und vier weiteren WG-Bewohnern seit drei Jahren lebt. Auf dem Hof stehen ihm Gemeinschaftsräume wie Küche, Toilette und Dusche zur Verfügung. «Wir kochen und essen häufig zusammen. Wenn die anderen aber später in ihren Schlafzimmern zu Bett gehen, lege ich mich zum Schlafen in meine Höhle am Waldrand.»
Die Dusche im Haus braucht der Naturliebhaber aber nicht täglich. Ein nahe gelegener See und ein Bach reichen ihm für die Körperpflege – ohne Seife, versteht sich. Der genaue Platz, wo seine Lehmhöhle seit zwei Jahren steht, soll nicht öffentlich bekannt werden. «Unkonventionelle Wohnformen sind in der Schweiz gesetzlich nicht überall gleich geregelt und bewegen sich mancherorts im Graubereich,» erklärt Fuchs. Seinen offiziellen und rechtmässigen Wohnsitz hat der unkonventionelle Mieter daher auf dem Bauernhof. Seinen Bau hat er mit dem Einverständnis der Hof- und Waldbesitzer vor zwei Jahren erstellt.
Geheizt wird mit Lehmofen
Sein Wissen über diese spezielle Bauweise hat Martin Fuchs zu einem grossen Teil aus Büchern und von Kursen, die er besucht hat. So beispielsweise bei einem Kurs in einer Gemeinschaft in der Bretagne (F).
Seine eigene Höhle unter einer grossen Buche ist drei Meter lang und eineinhalb Meter breit. Der Boden wurde zuerst mit einer Kiesschicht zum Entwässern bedeckt. Darauf kam eine Lehmschicht. Ein Bettrost zum Schlafen sowie Decken am Boden und ein Lammfell sorgen für wohlige Gemütlichkeit. Für die Wände und die Decke wurde ein Gerüst aus Haselnussruten erstellt. Lagen von Stroh und Papier dienen der Dämmung, und zum Abdichten von innen wurde wieder Lehm verwendet. Eine Teichfolie über dem Bau schützt zusätzlich vor Schnee und Regen von aussen.
Strom gibt es beim Luzerner Höhlenbewohner nicht. Eine Öllampe Marke Eigenbau sorgt für Licht in dunklen Nächten. In der kalten Jahreszeit wird die Höhle mit einem selbst gebauten Lehmofen geheizt. Während es im ersten Winter doch zum Teil etwas kalt im Bau war, konnte Fuchs kleine Mängel vor dem nächsten Winter beheben. Bei rund 20 Grad Innentemperatur waren die Winternächte dann gut erträglich. «Sogar am Morgen hatte ich noch 17 Grad Raumtemperatur.» Im Sommer bleibt die Temperatur im Bau ebenfalls angenehm, auch dank des Standorts unter der schattenspendenden Buche.
Kurse für Naturbegeisterte
Mit Selbstfindungskursen oder Kursen über Lehm und Ofenbau, Unterrichtsstunden an Schulen für den WWF sowie verschiedenen Trekkings, die er zusammen mit anderen für Naturfreunde anbietet, verdient Martin Fuchs seinen Lebensunterhalt. «Besonders auf Facebook kommen immer wieder positive Rückmeldungen über meine Höhle, und es gibt inzwischen immer mehr Interessierte, die ein bescheidenes naturnahes Leben in Gemeinschaften suchen», sagt der Luzerner Naturmensch.
Manchmal merke er aber durchaus, dass er mit seiner aussergewöhnlichen Wohn- und Lebensform nicht dem Mainstream entspreche, und fühle sich etwas als Aussenseiter in der Gesellschaft, gesteht Fuchs. Umso mehr geniesst er es, wenn er mit Gleichgesinnten wieder ein paar Tage irgendwo in der Schweiz beim Wild-Trekking unterwegs ist und anderen sein Wissen über das Leben und Bauen im Einklang mit der Natur näherbringen oder sich austauschen kann. Später aber ist er gern wieder für sich und zieht sich in seine Höhle zurück.
Partnerin besucht ihn im Bau
Einsam fühlt er sich in seinem Bau nie. Seit zwei Jahren führt er eine offene Beziehung. Seine Partnerin besucht ihn regelmässig und bleibt auch gern über Nacht. «Sie ist auch ein Outdoor-Mensch. Mein Bau gefällt ihr, und wir geniessen die Nähe und Geborgenheit in der kleinen Höhle.»
Wieder in eine normale Mietwohnung zu ziehen, dafür sieht Fuchs keinen Grund. Ihm fehlt es an nichts, und er wirkt zufrieden. Einen Wohntraum hat er aber: «Eine Art Campingplatz bestehend aus einfachen Lehmbauten und Baumhütten, in der Natur mit einer Gemeinschaft. Das wäre mein Traum.»