Auf einen Blick
- Martin und Karin Simmen retten altes Bauernhaus
- Ruine wird zu zeitgemässem Wohnhaus mit ursprünglichem Charakter
- Umbaukosten über eine Million Franken, sieben Jahre Bauzeit
«Ich kenne dieses Haus schon seit meiner Kindheit und der Pfadizeit und war schon als Bub immer «gwundrig», wie das Haus innen aussieht und wer da wohnt», sagt Martin Simmen. Dass er einmal selber Besitzer dieses charmanten Hauses am Waldrand werden könnte, das hätte sich der in Luzern aufgewachsene Simmen nicht träumen lassen.
Seit dem Jahr 2000 sind er und Ehefrau Karin Besitzer der Liegenschaft mit langer und bewegter Vergangenheit. Längst war der Glanz des ursprünglichen Bauernhauses, das vermutlich aus dem 18. Jahrhundert stammen dürfte, mit dem dazugehörigen Nebengebäude aus der späten Barockzeit verblasst. An idyllischer Lage fristete es ein verwahrlostes Dasein.
Schnäppchen aus Konkursmasse
Lange stand die Immobilie am Hang des Gütschs mit Bachanstoss leer, war zeitweise noch als WG bewohnt, bis sie vom Konkursamt versteigert wurde. Von der Versteigerung bekam auch Martin Simmen Wind. Ein Bekannter wollte die Liegenschaft ersteigern und mit dem Architektenpaar Simmen einen Umbau realisieren. «Den Bekannten und andere Bieter verliess aber wohl der Mut. Das Haus war nur noch eine Ruine. Ein unbekannter Bieter bekam für einen Schnäppchenpreis die Ruinen mit Grundstück aus der Konkursmasse», erzählt Martin Simmen.
Bekanntschaft mit unbekanntem Besitzer auf dem Hundespaziergang
Auf einem Hundespaziergang beim Waldweg des Bauernhaus Hochbühl kam Karin Simmen zufällig mit einem Hundebesitzer und Nachbarn der Liegenschaft ins Gespräch: «Es stellte sich heraus, dass er das alte wertlose Haus gekauft hatte, aber ohne konkrete Pläne. Er wollte damit vor allem unliebsame Nachbarn verhindern oder dass gar jemand aus dem Rotlichtmilieu die Liegenschaft erwerben und nutzen kann.»
Als der neue Besitzer von den Bauplänen der Simmens erfuhr, willigte er ein, dass das Architektenpaar die Liegenschaften im Baurecht übernehmen und umbauen kann. «Ohne uns würde das Haus wohl nicht mehr stehen. Es stand nicht unter Denkmalschutz und es gab schon länger Gerüchte betreffend eines Abbruchs. Es wäre jammerschade gewesen um dieses bekannte Haus. Wir wollten es erhalten», sagt Karin Simmen. Vor Vertragsabschluss erhielt das Ehepaar die Baubewilligung ohne jegliche Einschränkungen.
Langjähriger Umbau im denkmalerischen Sinn ohne Auflagen
Bis zum Einzug der Simmens 2007 dauerte der Umbau noch sieben Jahre. Kostenpunkt trotz vieler Eigenleistungen des Ehepaars: Über eine Million Franken. Sowohl die Pläne, als auch viele handwerklichen Arbeiten am Bau haben Martin und Karin Simmen selber erstellt und ausgeführt. «Wir hatten bis zur Pensionierung nur ein kleines Architekturbüro und mussten Geld verdienen. Da hatte die Arbeit für Kunden Vorrang und an unserem eigenen Projekt konnten wir nur nebenbei arbeiten», sagt der Ehemann. Mit dem Einzug ins Eigenheim hatte das Ehepaar auch sein Atelier im umgebauten Haus mit den rund 200 Quadratmetern Nutzfläche.
Wichtig war dem Ehepaar, dass der Charakter des ursprünglichen Bauernhauses erhalten bleibt. «Wir haben im denkmalerischen Sinn umgebaut», so Martin Simmen. Ein Teil musste aber komplett erneuert werden und ist aus Beton. Das Fundament wurde teilweise tiefer gelegt, damit die neu geplanten Räume im Erdgeschoss, wo einst nur ein Keller mit tiefen Decken war, überhaupt realisiert werden konnten.
Raue Materialien mit farblichen Eyecatchern
Holz, Beton und Stahl sind die rauen Materialien, die in den Gebäuden konsequent verwendet wurden – innen wie aussen. So zieht sich beispielsweise die Stahltreppe durch das kernsanierte Haus mit den Halbgeschossen bis unter das sichtbare Dach aus Tannenholz. Als farblicher Eyecatcher haben Simmens die Farbe Rot für ihr Wohnhaus gewählt, sowohl bei einigen Fronten oder Wänden als auch bei diversen Accessoires. Bis auf die Nasszellen sind alle Räume offen und nur durch praktische Einbauschränke geteilt. «Ein Gästezimmer mit Privatsphäre wäre daher im Wohnhaus nicht möglich gewesen. Dafür haben wir später das Nebengebäude ausgebaut. Es wird seit einiger Zeit auch vermietet und wird gern gebucht», sagt Karin Simmen. Noch während Blick vor Ort ist, reisen auch schon wieder Gäste an und ziehen ins raffiniert renovierte vierzehn Quadratmeter Mini-Häuschen mit eigener Kochgelegenheit sowie Dusche und WC.
Das Wohnhaus des Ehepaars mit kontrollierter Lüftung ist modern und funktional ausgebaut und eingerichtet. Praktisch sind im mehrgeschossigen Haus die zentrale Staubsauganlage oder der Wäscheabwurf. Grosse Fensterfronten sorgen für Licht und lassen die Natur fast mit den Innenräumen verschmelzen. Fast in den Bäumen ist die Küche mit dem Essplatz. Sie ist von zwei Seiten offen zugänglich, wie auch das Wohnzimmer unter dem Dach mit grossen Fenstern auf vier Seiten. Die Küche mit dem Ausgang zur Terrasse ist der Lieblingsplatz des Ehepaars. «Die Jahreszeiten sind hier besonders intensiv erlebbar», sagt Martin Simmen. Aktuell lichten sich die Bäume wieder und über die Schlucht des Gütschbach sieht man die Nachbarhäuser auf der anderen Bachseite. «Jetzt können wir den Nachbarn wieder zuwinken», sagt Karin Simmen lachend.
Erhalt für mehrere Generationen möglich
Die Liebe zur Musik, für Bücher und Kunst ist unübersehbar. Von Designermöbeln bis hin zu Erbstücken, Eigenkreationen und liebevoll inszeniertem Schnickschnack und Raritäten, wirkt das ehemalige Bauernhaus geschmackvoll, stimmig und bis ins Detail durchdacht. Der Totalumbau sei nicht zuletzt wegen der Lage und der insgesamt schlechten Bausubstanz auch für sie als Fachpersonen eine besondere und zeitintensive Herausforderung gewesen, ist sich das Ehepaar einig. Kaum jemand konnte sich vorstellen, dass die vermeintliche Abbruchliegenschaft wieder ein wahres Schmuckstück und Zeitzeuge der Vergangenheit wird. Mit viel Liebe, Leidenschaft und Fachwissen, haben Karin und Martin Simmen das Unmögliche möglich gemacht. Karin Simmen: «Wenn das Haus auch nach unserer Zeit gut unterhalten wird, kann es wieder für einige Generationen erhalten bleiben.»