«Das Haus war das schlimmste Haus an der Strasse», erzählt der Amerikaner Chris Menke lachend. Dennoch hat der TV- und Filmproduzent zusammen mit seinem Lebenspartner Philipp Austin 2016 das typische Holzhaus aus dem Jahr 1908 gekauft.
Sein Partner stammt aus der Hafenstadt Mobile im US-Bundesstaat Alabama, und hier hat das Paar, das seit über sieben Jahren zusammen ist, auch viele Freunde. Ein gemeinsamer Freund aus der Immobilienbranche hat das stark renovierungsbedürftige Haus gefunden und den beiden zum Kauf vorgeschlagen. Besonders die grosse Veranda des viktorianischem Cottages und die Nähe zur Altstadt hat es dem Paar auf Anhieb angetan.
Umbau mit Auflagen
«Wir lieben neue Projekte und wollten uns gemeinsam ein Zuhause schaffen», erklärt Austin gegenüber BLICK im Gespräch vor Ort. Auch er arbeitet in der Filmbranche und ist für die Ausstattung und Einrichtung an TV- und Filmsets zuständig. Für 70'000 US-Dollar (umgerechnet gut 68'000 Franken) konnten sie ihr Haus an der Dexter-Avenue im relativ ruhigen Leinkauf-Viertel 2016 kaufen. Weitere 90’000 Dollar (88'800 Franken) haben sie in den Umbau investiert.
Austin und Menke wohnen und arbeiten unter der Woche in Atlanta und verbringen nur die Wochenenden in Mobile. Statt sich am Wochenende zu erholen, waren während eines halben Jahres umfangreiche Umbauarbeiten an Dach, Böden, Wänden und an den elektrischen Installationen angesagt.
Die beiden Badezimmer und die grosszügige Küche sind neu, die alten Holzböden wurden so gut wie möglich beibehalten und neu behandelt. Einige der Wände wurden durchgebrochen, sämtliche Wände mussten neu verputzt werden.
Äusserlich durfte nur sanft renoviert werden, die Aussenansicht musste dem ursprünglichen Bau von 1909 entsprechend erhalten bleiben, damit das alte Holzhaus die Auszeichnung der historischen Bauten von Mobile erhielt. Vergleichbar sind diese Vorschriften in etwa mit den Auflagen durch den Heimatschutz bei geschützten Bauten in der Schweiz. Das war ganz im Sinn von Menke und Austin. «Wir interessieren uns für Architektur und sehen uns mit diesem Umbau auch etwas als Retter dieses typischen Baustils», so Menke.
Ausstattung aus TV-Produktionen
Im Innern hatten Austin und Menke viel freie Hand. Hier konnten Sie zusammen mit lokalen Handwerken ihre kreativen Ideen umsetzen. Das Resultat ist ein gelungener Mix aus Traditionellem und Modernem. Ihr besonderes Flair für Innenausstattung zeigt sich bei der stylischen Einrichtung mit charmanten Details und verschiedenen Antiquitäten.
Das Südstaatenhaus mit grossem Garten, mehreren Sitzplätzen, zwei Schlafzimmern, Ankleide und zwei Badezimmer sowie Wohn- und Esszimmer besteht vorwiegend aus lokalem Pinienholz. Diverse Dekoelemente und Accessoires stammen von Filmsets. Da sitzt Austin an der Quelle. «Was nicht mehr gebraucht wird, erfahre ich aufgrund meines Jobs oft zuerst. Und so konnte ich Verschiedenes günstig kaufen, wie beispielsweise die alten Ventilatoren.» Die Theaterstühle im Korridor waren eine Idee von Menke. Sie stammen ebenfalls von einer älteren TV-Produktion in Atlanta. Weiteres ausgefallenes Mobiliar stammt aus New Orleans, dem früheren Wohnort von Menke.
Cottage wird vermietet
Bis letzten Dezember hat das Paar selbst im Haus gewohnt, bevor sich Menke und Austin ein weiteres Haus in Mobile gekauft haben und dorthin umgezogen sind. Ihr komfortabel ausgestattetes «Cottage on Dexter» vermieten sie seit Februar 2019 über Airbnb an Touristen. Vorwiegend Reisende aus den USA mieten das Haus.
Europäer haben die schmucke Hafenstadt Mobile bis jetzt noch wenig als Feriendestination entdeckt, obschon es nur zwei Autostunden von New Orleans liegt und die Strände von Dauphin Island oder Gulf Shores nur 50 Minuten entfernt sind.
Neues Umbauprojekt läuft
Verkaufen wollen Austin und Menke ihr Schmuckstück an der Dexter-Avenue aber nicht – auch wenn mittlerweile viele der alten Häuser zum Verkauf stehen und gesucht sind. «Seit dem Immobiliencrash 2008 sind die Preise auch in Mobile angestiegen, viele Einwohner wollen jetzt ihr Haus gewinnbringend verkaufen», erklärt Austin. Für ihr Cottage dürfte das Paar auch mit einem Gewinn rechnen, aber: «Wer weiss, vielleicht ziehen wir irgendwann wieder selbst in dieses Haus», sagt Austin lachend.
Ein neues Projekt haben die beiden auch schon wieder gefunden. Sie haben erneut ein altes Haus gekauft und bauen es nun um. Wieder wird so von den beiden ein Stück historische Baugeschichte in den USA gerettet werden.