Seit über einem Jahr klafft im Zimmer des kleinen Sohnes von Hausbesitzer Bruno Borer (49) und seiner Frau Corinne ein riesiges Loch in der Wand. Grund: Im neu angebauten Hausteil in Grenchen SO tropfte es plötzlich von der Zimmerdecke ins Kinderbett. Nachdem die Wand bei der Suche nach der Ursache aufgerissen worden war, entwickelte sich ein Rechtsstreit.
Borer (Alleinverdiener in seiner fünfköpfigen Familie) sagt zu BLICK: «Wir haben 2014 mit dem Ausbau unseres Hauses wirklich Pech gehabt.» Denn der Anbau strotzt nur so vor Baumängeln.
Abdichtungen gingen vergessen
So gingen sämtliche Abdichtungen bei der modernen Sichtbeton-Fassade vergessen. Dasselbe Problem auch bei den Fensterbrettern, die undicht sind. Nach Fertigstellung des Anbaus 2015 saugte sich deshalb die komplette Wand mit Wasser voll – bis es dann 2019 zum ersten Mal ins Kinderzimmer tropfte.
«Eigentlich wäre das ein typischer Baumangel», sagt Borer. Es wurde auch gerade noch vor Ablauf der fünfjährigen Garantiefrist entdeckt. So dachte Borer, dass alles eine kleine Sache würde. Die Verantwortung für den Schaden tragen nämlich auch sein Architekt und der Bauleiter, der vom Architekten gestellt wurde.
Auf Mängelrüge wurde nicht reagiert
Dann aber macht Borer einen folgenschweren Fehler. Er meldet den Schaden im September 2019 zwar schriftlich dem Architekten, unternimmt aber nichts, als dieser auf die Mängelrüge nicht reagiert. «Ich dachte, dass die Sache auch für den Architekten klar sei. Wir hatten mit ihm in der Vergangenheit zwei Bauvorhaben durchgeführt und vertrauten ihm», so Borer. Ein Irrtum.
Erst als Borer im Juni dieses Jahres mit dem Anwalt den Schaden eintreiben lassen will, reagiert der Architekt – indem er nun jegliche Pflicht, sich am entstandenen Schaden zu beteiligen, in Abrede stellt. Denn: Eine Mängelrüge unterbricht die Garantiefrist nicht. Und diese ist Anfang Jahr abgelaufen (siehe Box).
Nicht immer sind Baumängel an einem Neubau sofort erkennbar. Darum haben Hauseigentümer auch nach der Bauabnahme die Möglichkeit, versteckte Mängel zu melden und eine Ausbesserung zu verlangen – dies bis maximal fünf Jahre nach Fertigstellung des Baus.
Dabei gilt aber: Eine Mängelrüge unterbricht diese Garantiefrist von fünf Jahren nicht. Es reicht darum nicht, einen Schaden beim Verursacher einfach anzuzeigen und dann zuzuwarten. Reagiert dieser nicht, muss er noch innerhalb der Garantiefrist auf die geschätzte Schadenssumme betrieben werden. Nur wenn der Verursacher den Mangel schriftlich akzeptiert und Verbesserung verspricht, ist die Sache in trockenen Tüchern.
Nicht immer sind Baumängel an einem Neubau sofort erkennbar. Darum haben Hauseigentümer auch nach der Bauabnahme die Möglichkeit, versteckte Mängel zu melden und eine Ausbesserung zu verlangen – dies bis maximal fünf Jahre nach Fertigstellung des Baus.
Dabei gilt aber: Eine Mängelrüge unterbricht diese Garantiefrist von fünf Jahren nicht. Es reicht darum nicht, einen Schaden beim Verursacher einfach anzuzeigen und dann zuzuwarten. Reagiert dieser nicht, muss er noch innerhalb der Garantiefrist auf die geschätzte Schadenssumme betrieben werden. Nur wenn der Verursacher den Mangel schriftlich akzeptiert und Verbesserung verspricht, ist die Sache in trockenen Tüchern.
Nachbesserungen auf eigene Kosten
Borer nimmt in der Zwischenzeit in Eigenregie die Reparaturen in Angriff. Er lässt Wände und Fensterbretter abdichten, entdeckt dabei weitere Schäden: «Nach jedem Regen ist der Schaden grösser geworden.»
60'000 Franken muss er zusätzlich investieren. Damit nicht genug: Weil der Sichtbeton wegen der Abdichtungen nun nicht mehr so aussieht, wie er sollte, muss Borer auch noch einen Verputz an sein Haus machen lassen. Kosten: weitere 20'000 Franken.
«Wir haben das Glück, dass wir es finanziell gerade noch stemmen können», so der Familienvater. Aber: Das Geld, um den Architekten vor Gericht zu zerren, hat er nicht mehr. Er wird darum auf dem Schaden sitzenbleiben. «Das verrückte daran ist, dass ich als Laie doch nicht wissen konnte, dass eine Meldung des Baumangels in Form einer Mängelrüge die Garantiefrist für den Schaden nicht aussetzt», so Borer.
Am Ende zahlt der Architekt doch
Mit Vorwürfen konfrontiert, wehrt sich der Architekt gegenüber BLICK zunächst. «Die an uns gerichteten, allgemeinen Vorwürfe bestreiten wir mit Nachdruck! Aus unserer Sicht sind bei diesem Bau die üblichen Mängelbehebungsarbeiten abgeschlossen worden. Selbstverständlich sind wir gegenüber unseren Endabnehmern aber immer besorgt, ein einwandfreies und qualitativ gutes Produkt abzuliefern», schreibt er.
Dann aber lenkt er doch ein – und verspricht, 40'000 Franken zu überweisen. Einzige Voraussetzung: BLICK macht seinen Namen nicht publik. «Ein halbes Jahr vor meiner Pensionierung wäre es ein grosses Ärgernis.»