Ein eisiger Wind weht in Buchberg SH. Das Thermometer zeigt zwei Grad unter null. Die Gegend ist verlassen. Bei solchem Wetter wagt sich keiner auf den Lindenhof, auf dem seit zwei Jahren ein Zirkuswagen steht. «Hier entsteht ein Tiny House», verkündet ein Schild neben dem Wagen. Besitzer ist Kevin Rechsteiner (35). Dank dem Holzofen ist die Kälte kaum spürbar. Der Wohnraum beträgt knapp 20 Quadratmeter.
Der Unternehmer bereiste 2013 die USA mit einem VW-Bus. Zurück in der Schweiz, wurde ihm klar, wie gut es sich mit wenig Platz leben lässt. Seine 180-Quadratmeter-Wohnung erschien ihm zu riesig, er fing an, sein Hab und Gut zu verschenken. Auch eine kleinere Wohnung wäre ihm zu teuer gewesen, für eine WG sei er nicht der Typ, im VW-Bus wäre es ihm auf Dauer zu eng und im Winter zu kalt gewesen. So baut er seit 2016 einen Zirkuswagen um. Bisher hat er knapp 50’000 Franken in den Wagen investiert.
Dafür hat er eine verhältnismässig grosse Küche, einen Tisch mit Sitzgelegenheiten, einen Ofen, ein Bett und ein Badezimmer mit Dusche und Trenn-WC. Das WC funktioniert ohne Wasser und trennt fest und flüssig. Am Bett fehlt noch ein Bettkasten, wo er seine Kleider verstauen kann. Die sind bis jetzt noch in seinem Büro, wo er auch seine Fotoausrüstung aufbewahrt. «Ansonsten passt alles, was ich besitze, in ein Auto.»
Unsere Welt besteht aus Konsum. Doch viele Menschen haben mittlerweile so viele Dinge gehortet, dass sie ihnen über den Kopf wachsen. Aufräum-Profi Martina Frischknecht verlangt 120 Franken pro Stunde plus Anfahrtsspesen und nimmt sich dafür zusammen mit den Kunden die Wohnung vor. Was muss raus? Was muss bleiben?
Unsere Welt besteht aus Konsum. Doch viele Menschen haben mittlerweile so viele Dinge gehortet, dass sie ihnen über den Kopf wachsen. Aufräum-Profi Martina Frischknecht verlangt 120 Franken pro Stunde plus Anfahrtsspesen und nimmt sich dafür zusammen mit den Kunden die Wohnung vor. Was muss raus? Was muss bleiben?
Tiny-House-Bewegung als Reaktion auf teure Wohnungen
Bei ihm geht das, denn er verbringt mehrere Monate im Jahr im Ausland und ist im Sommer viel mit seinem VW-Bus unterwegs. Für jemanden, der oft reist, sei ein Tiny House ideal. Rechsteiner hat keinen Geschirrspüler und keine Bodenheizung. Ihm ist es wichtiger, dass er sein Daheim so gestalten kann, wie es ihm gefällt. Überwachungskameras, eine Solar- und Wasseraufbereitungsanlage – in einer normalen Wohnung wäre das nicht so einfach möglich. Die Solaranlage möchte er im Sommer in Betrieb nehmen. Vorerst kommt der Strom noch aus der Steckdose. Ein weiterer Vorteil aus Rechsteiners Sicht: «Man kann an einem schönen Ort leben.»
Die Tiny-House-Bewegung ist für Rechsteiner eine «natürliche Reaktion auf die immer teurer werdenden Wohnungen». Häufig empfängt er Gäste, die sich informieren wollen. Zum Beispiel um zu sehen, «wie es sich anfühlt, hier drin zu sein». Oder sie interessieren sich für die technischen Aspekte oder den minimalistischen Lebensstil. Seine Aufräumtipps: Alles weggeben, was man länger als drei Monate nicht gebraucht hat. Zweckmässig kaufen: «Es gibt von fast allem eine platzsparende Variante.» Und kein Lager machen mit Dingen, die man vielleicht mal brauchen könnte.