Oft befinden sich Neubauwohnungen oder Häuser noch im unfertigen Baustellengelände – obwohl der Verkauf oder die Vermietung längst in vollem Gang ist. Leer stehende Wohnungen und Häuser zu besichtigen, ist aber wenig attraktiv. Sie wirken kalt und unpersönlich.
Nicht allen Interessenten fällt es unter diesen Umständen leicht, sich ein neues Zuhause vorzustellen. Um die Vermietung und den Verkauf zu erleichtern, nutzen immer mehr Immobilienverwaltungen, Makler und Privatpersonen Home Staging. Bei diesem Konzept lassen sie sich Musterwohnungen oder Häuser von Profis einrichten. Eine von diesen ist Nicole Fritz (38), Inhaberin der Home & Emotion GmbH.
Die ersten Sekunden sind entscheidend
Die diplomierte Architektin bietet mit ihrem Team seit vier Jahren Home Staging an. «Der Innenausbau hat mich in meinem Beruf immer besonders angesprochen, darum habe ich mich ganz auf Home Staging spezialisiert», sagt die Fachfrau. Immobilienmakler, Bauunternehmen und Privatpersonen lassen sich von ihr Musterwohnungen oder Häuser seither geschmackvoll einrichten. «Die ersten Sekunden beim Betreten eines Objekts entscheiden, ob man sich hier sein neues Zuhause vorstellen kann oder nicht», weiss Nicole Fritz.
Wohnen sei immer mit Emotionen verbunden. Entsprechend schafft sie durch gezielten Einsatz von Möbeln, Accessoires, Farben, Düften und Licht ein behagliches Wohnambiente. Ihre Einrichtungen sind im Stil und farblich eher dezent.
Fritz: «Ich mache nicht jeden Wohntrend mit, weil bei Besichtigungen ein breites Publikum angesprochen werden soll. Junge oder ältere Herren stehen beispielsweise kaum auf Shabby Chic», so die Wohnexpertin.
Ein Mix aus modernem Look kombiniert mit Klassikern oder dem Industriestil sei eher tauglich für ein breites Publikum. Auch dunkle Farben setzt Fritz kaum für Home Staging ein. «Helle Töne lassen einen Raum optisch grösser wirken.»
Durch Bauboom und Leerwohnungsbestand gut ausgelastet
Damit Nicole Fritz mit ihrem Team überhaupt die Möglichkeit hat, mehrere Immobilien einzurichten, hat sie sich einen ausreichenden Fundus an Möbeln und Dekoration angelegt und in einem Lager eingestellt.
Möbel und Accessoires für mehr als 15 komplette Wohnungseinrichtungen darf sie ihr Eigen nennen und ergänzt den Bestand fortlaufend. Momentan sei ihr Lager fast leer, da sich Anfragen für Home Staging gehäuft hätten. Der anhaltende Bauboom und die Leerwohnungen spielen dabei wohl genauso eine Rolle wie die jahrelange Erfahrung von Nicole Fritz und ihre Referenzen.
«Ich bin jede Woche in Möbelgeschäften, schaue mich um und kaufe ein. Diese laufenden Anschaffungen sind ziemlich kostenintensiv.» Darum kauft Fritz hauptsächlich Ausstellungsmodelle und Einzelstücke. Bei Möbel Pfister und Interio ist sie beruflich oft anzutreffen, bei Ikea eher selten.
Investition zahlt sich aus
Vom Vertragsabschluss über den Entwurf bis zum Einrichten braucht das Team von Nicole Fritz bei leeren Objekten rund zwei Wochen. Etwa 8000 Franken kostet ein Home Staging einer 3½-Zimmer-Wohnung für sechs Monate.
Home Staging bei bewohnten und möblierten Wohnungen und Häusern benötigt mehr Zeit und kostet dem Aufwand entsprechend mehr. Da stehen manchmal neben dem Um- oder Neustyling kleinere Renovationen und Reinigungen an, damit sie wieder zeitgemäss und stilvoll für den Verkauf wirken. Durch ein Home Staging, das Immobilien im bestmöglichen Zustand präsentiert, lassen sich die Objekte in kürzerer Zeit zum bestmöglichen Preis vermitteln.
Die Grundrisspläne jedes Miet- oder Kaufobjekts werden nach Auftragserteilung ausgedruckt, und auf Papier und in Gedanken erstellt Nicole Fritz ein Möblierungs- und Farbkonzept. Zwei Umzugshelfer tragen die ausgewählten Möbel dann in die entsprechende Wohnung, und in rund zwölf Stunden richten Nicole Fritz und ihre Kollegin das Objekt wohnlich ein. «Wenn mir irgendetwas vor Ort aber noch nicht gefällt, fahre ich nochmals los und besorge mir im Lager, in einem Möbelgeschäft oder auch bei mir zu Hause noch, was nötig ist.»
Persönliche Möbel im Einsatz
Die Leidenschaft und das Flair fürs Einrichten zeigen sich auch in der eigens umgebauten Terrassenwohnung, die Nicole Fritz mit ihrem Ehemann und dem schulpflichtigen Sohn in Horw LU bewohnt und derzeit über Airbnb vermietet, während sie die nächsten Monate mit ihrer Familie in Florida verbringt. Selbstredend, dass die Wohnexpertin auch dem gemieteten Ferienhaus einen persönlichen Touch verliehen hat und einiges dazugekauft hat.
Das Einrichten und Umstylen kann sie auch privat nicht lassen. «Es kann gut sein, dass bei uns zu Hause plötzlich einige Möbel über mehrere Monate nicht mehr stehen, weil ich sie für einen Auftrag passend finde, oder wieder ein neues Fundstück in der Wohnung steht.» Ihre Familie hat sich daran aber inzwischen gewöhnt.