So leben Urs (72) und Ursula (67) Brog in Brasilien
2:40
Vor 18 Jahren ausgewandert:So leben Urs (72) und Ursula (67) Brog in Brasilien

Berner leben in Brasilien ihren Traum
«Wir leben hier in einem kleinen Paradies»

Die Blick-Leser Urs (72) und Ursula (67) Brog aus dem Berner Oberland leben in Brasilien in einem Naturparadies. Mit Herzblut und Leidenschaft haben sich die beiden eine neue Existenz aufgebaut.
Publiziert: 06.03.2022 um 10:34 Uhr
|
Aktualisiert: 03.04.2022 um 14:32 Uhr
1/47
Diese «Bruchbude» ohne Strom und Wasser kaufte das Schweizer Ehepaar Brog 2004 in Brasilien bei Ilheus im Bundesstaat Bahia. Seit 18 Jahren leben die Schweizer in ihrer neuen Heimat Brasilien.
Foto: Zvg
Corine Turrini Flury

Vor 18 Jahren wanderten Ursula (67) und Urs (72) Borg aus Hofstetten bei Brienz BE nach Brasilien aus. «Wir wollten dem Stress und der Enge in der Schweiz entfliehen», begründet der gelernte Maschineningenieur die Entscheidung im Gespräch mit Blick. Brog war früher beruflich in der ganzen Welt tätig. Mit Ehefrau Ursula und den beiden Töchtern lebte er in den 80er-Jahren bereits fünf Jahre lang in Brasilien und arbeitete in einem Kraftwerk, bis sie zurück in die Schweiz kehrten.

Die ständigen Geschäftsreisen und das Getrennt-Sein von der Familie wurden ihm irgendwann aber zu viel: «Die Kinder waren mit der Schule fertig und ich lebte fast nur noch aus dem Koffer. Meine Frau und ich wollten eine Veränderung und endlich mehr Zeit zusammen verbringen.»

Leben im Paradies

Da kam die Anfrage eines Bekannten, der seine Fazienda im brasilianischen Ort Ilheus verkaufen wollte, gerade richtig. «Wir kannten den wunderschönen Ort von unserer Zeit in Brasilien, weil wir dort Freunde hatten, bei denen wir Ferien verbrachten.»

Schon damals bekundete Brog Interesse am Kauf der Fazienda. Der Preis war damals aber zu hoch. 2004 konnte das Berner Ehepaar dann das verlotterten Haus mit 80 Hekateren Land an traumhafter Lage doch noch erweben. Knapp 200’000 Franken haben sie dafür bezahlt.

Über den Fluss, der an das Grundstück stösst, ist das Ehepaar mit dem Schiff in fünf Minuten mitten in der Stadt, wo sie auf dem Markt Fleisch und Gewürze einkaufen. Gleich lang dauert der Weg zum feinen Sandstrand von Pituba. «Wir sind mit dem Kauf und der Auswanderung ein Risiko eingegangen, aber es hat sich gelohnt. Heute leben wir in einem kleinen Paradies», so Brog.

Bruchbude wird zum Wohnhaus mit Restaurant

Kurz nach dem Kauf machte sich das Ehepaar an die Arbeit: «Wir wollten uns eine angemessene Wohnanlage schaffen, aber auch die bereits vorhandenen Plantagen wieder in Ordnung bringen», erklärt Brog.

Während zwei Jahren wurde aus der Bruchbude ohne Strom und Wasser und mit durchlöcherten Eternitdach, ein hübsches Wohnhaus.

In der oberen Etage befinden sich zwei Schlafzimmer und das Bad des Ehepaars. Im Erdgeschoss entstanden zwei Gästezimmer mit Dusche, sowie die Küche und ein Restaurant mit Terrasse mit wunderschöner Weitsicht über die Hafenstadt Ilheus, den Fluss, bis hin zum Meer. «Ein Wohnzimmer im Haus haben wir nicht. Dafür dient uns die Terrasse», erklärt Brog.

Bio-Kakao aus alten Sorten

Viel Arbeit gab es aber nicht nur am und im Haus, sondern auch auf den Plantagen, die in einem sehr schlechten Zustand waren. Mit einheimischen Mitarbeitern wurde gerodet und neu bepflanzt. «Für uns war klar, dass wir die ganze Anlage biologisch bauen und betreiben werden. Auch haben wir uns entschlossen, nur alte Sorten von Kakaobäumen zu vermehren.»

Damit die zu erwarteten ersten Ernten auch richtig bearbeitet werden konnten, mussten die Fermentierungs- und Trocknungsanlagen erst instand gestellt werden. Dazu haben Brogs eine Wasserversorgung für die ganze Fazenda erstellt.

Schweizer Fondue in Brasilien

Bis zur ersten einträglichen Kakaoernte nach fast sieben Jahren lebte das Ehepaar von seinen Ersparnissen und von den Einnahmen des Restaurants mit der Churrascaria, das gut anlief. «Unser Gourmet-Restaurant ist hauptsächlich am Wochenende offen. Die Gäste sind vorwiegend hier ansässige Europäer und Amerikaner», so Brog.

Neben biologischem Gemüse und Salate aus dem eigenen Garten und Fleisch wird den Gästen von Ursula Brog auch Schweizer Fondue aufgetischt. Die zwei einfachen Gästezimmer im Naturparadies des Ehepaars werden von Schweizer Touristen oder brasilianischen Naturfreunden rege gebucht. «Die Corona-Pandemie haben wir aber auch zu spüren bekommen», fügt der Auswanderer an.

Ihr Haupteinkommen erzielt das Ehepaar mit dem Export des Bio-Kakaos in die Schweiz. «Ich habe viel über Kakao von einem alten Mann gelernt und mich intensiv in die Materie eingelesen», so der 72-Jährige. Er ist in einer Bauernfamilie aufgewachsen und mit der Landwirtschaft vertraut, und Ehefrau Ursula stammt aus einer Gärtnerfamilie. «Das hat uns sicher vieles erleichtert. Zudem sind wir beide sehr naturverbunden.»

Nachfolger gesucht

Eigentlich könnte das Rentnerpaar längst ein entspanntes Rentnerleben führen. Die Leidenschaft für ihren florierenden Betrieb ist aber spürbar. So verbringt das Paar noch immer täglich die meiste Zeit mit Arbeiten auf der Plantage, im Garten, mit den Pferden und Hunden, bietet Führungen auf ihrer Fazenda an und bewirtet Gäste.

«Allmählich möchten wir aber etwas kürzer treten und suchen Nachfolger, die unser erfolgreiches Lebenswerk weiterführen. Unsere Töchter haben ihr Leben in der Schweiz und möchten die Fazenda nicht übernehmen», so Brog.

Das Ehepaar würde gern am Anfang noch etwas mitarbeiten und sich eine kleines Häuschen in ihrem grünen Paradies erstellen.

Keine Rückkehr aus dem Paradies geplant

Eine Rückkehr in die Schweiz sei aber nicht geplant, ausser wenn es aus gesundheitlichen Gründen nötig wäre. Bei aller Schönheit des Landes, dem angenehmen Klima, vielen Freiheiten und sympathischen Menschen, sei das Gesundheitssystem in Brasilien schlecht.

«Wären wir auf Pflege angewiesen, könnten wir es uns leisten, in der Schweiz zu leben. Da haben wir vorgesorgt.» Er sei seit elf Jahren nicht mehr in der Schweiz gewesen, Ehefrau Ursula dagegen besucht immer wieder die Kinder und Enkel in der alten Heimat. Die erwachsenen Töchter mit ihren Familien besuchen die Eltern aber immer wieder gern in Brasilien.

Verständlich, wenn man den Schwärmereien von Urs Brog zuhört und sich die Bilder anschaut: «Die Ruhe und eine fast unendliche Vogelwelt geben uns hier eine paradiesische Lebensqualität.»

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?