200-jähriger Kuhstall wird zum Ferienhaus
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Kuhstall wird zum Ferienhaus:Stefan Kurath (47) führt Blick durchs Maiensäss

200-jähriger Kuhstall wird zu Ferienhaus
Neues Haus im alten Maiensäss

Stefan Kurath (47) aus Zürich hat in Mutten GR in einem uralten Kuhstall ein Haus gebaut. Wo früher Kühe untergebracht waren, ist heute ein Maiensäss, wo die Familie oder Feriengäste abseits von Hektik und Lärm gern ihre Ferien verbringen.
Publiziert: 26.02.2023 um 10:51 Uhr
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Aktualisiert: 27.02.2023 um 21:35 Uhr
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Der 200-jährige Kuhstall in der Walsersiedlung Stafel oberhalb von Mutten GR vor dem Umbau.
Foto: Zvg

Es ist ruhig in der Walsersiedlung Stafel oberhalb von Mutten GR auf rund 1760 Meter. Nur das Lachen von Dan (7) und Rouven (5) Kurath ist zu hören. Die beiden Buben verbringen mit ihrem Vater Stefan Kurath (47) aus Zürich ihre Ferien in einem einstigen Stall. «Hier komme ich zur Ruhe, lese gern und kann mich von der Hektik und dem Alltag in der Stadt erholen», erzählt der Familienvater, der im nahen Thusis aufgewachsen ist und den grössten Teil seiner Verwandtschaft im Bündnerland hat.

Der selbständige Architekt und seine damalige Ehefrau Anja Kurath, die in Mutten aufgewachsen ist, sind dank eines Erbvorbezugs seit 2012 Besitzer des rund 200-jährigen Kuhstalls in der Walsersiedlung. «Wir verdanken den Stall dem Neni meiner damaligen Frau und sind uns bewusst, dass dieses Haus zu haben ein Privileg ist. Es gibt kaum noch Möglichkeiten, so etwas zu kaufen», so Stefan Kurath in unverkennbaren Bündner Dialekt.

Unklarheiten der Zweitwohnungsinitiative

Der Stall der Kuraths befindet sich in einer Kernzone, die von Wasser, Strom und Kanalisation bereits erschlossen war. Zum Schätzwert von 40’000 Franken wurde das Paar aus dem Bündnerland dank Neni Nino Hunger 2012 glückliche Besitzer des uralten Kuhstalls und holten die nötigen Baubewilligung für ihr Projekt ein. «Wir wollten aussen so wenig als möglich am bestehenden Stall verändern.»

So entstand die Idee, im einstigen Kuhstall, der über ein gutes Fundament verfügt, ein neues Haus zu bauen. Kostenpunkt: 500’000 Franken inklusive den Eigenleistungen, die der Architekt selber übernommen hat. «Ich kann Pläne zeichnen, aber ich habe kein Talent als Handwerker», gesteht Kurath lachend.

Bauleitung vor Ort hatte Anja Kuraths Vater Florin Buchli, der als langjähriger Schreiner in der Region über Erfahrung und gute Kontakten zu lokalen Handwerkern verfügt. Baustart für das ungewöhnliche Projekt war 2013. Bereits an Weihnachten 2014 war das neue Maiensäss in der alten Hülle fertig. «Wir haben mit dem Bau zügig vorwärtsgemacht, weil mit der Zweitwohnungsinitiative nicht ganz klar war, was sich alles genau ändert», so der Architekt.

Kaum sichtbare Veränderungen von aussen

Von aussen sichtbar sind lediglich eine neue Schiebe-Scheunentüre an der Strassenseite, sowie eine zweite neue Holzschiebe-Türe an der Südseite des Maiensäss, wo neue grosse Fenster für Licht und eine herrliche Aussicht in die Bündner Bergwelt sorgen. Das neue Haus ist klar in einen Wohn- und Schlafbereich unterteilt. Der Innenausbau wie Böden und Decken, sowie die Massanfertigungen der Betten und Regale sind in Fichtenholz. Unten, wo früher Kühe schliefen, sind die beiden Schlafzimmer. Oben, im einstigen Heuboden, ist der offene Wohn- und Essbereich mit einer modernen Küche.

Die Westseite des Wohngeschosses ist komplett verglast, mit Ausgang zum überdachten Balkon mit Lärchenholzboden, der über die ganze Hausseite reicht. Aussen- und Innenbereich scheinen durch die Verglasung fast ungeteilt. Im Freien, unter dem Dach, ist der Lieblingsplatz von Stefan Kurath, wo er gerne liest. «Im Sommer ist es hier angenehm schattig.» Neben einem kleinen Tisch und Stühlen befindet sich hier eine Hängematte zum Relaxen und Spielsachen der Kinder. Es findet sich auch Platz für Schlitten, Skier und Schuhe, die vor Nässe geschützt vor der Türe stehen. «Wenn es viel Schnee hat, können wir direkt vor die Türe fahren», sagt Kurath. Den Hauszugang hat er eigentlich an der Rückseite des Hauses geplant, wo sich ein Sitzplatz umgeben von Wiese befindet. Inzwischen nutzt die Familie aber meistens den Hauseingang vom überdachten Balkon zum Wohnbereich.

Verschiedene Herausforderungen clever gelöst

Eine platzsparende Tangotreppe mit versetzten Stufen führt vom Wohnbereich ins untere Stockwerk zu den beiden Schlafzimmern, zum Badezimmer und zum Heizungsraum mit Waschmaschine, sowie zu einem Abstellraum. Die Raumhöhe ist im unteren Geschoss etwas tiefer. Wegen der Hanglage ist ein Teil der Räume im Erdreich und fensterlos. Damit auch das hintere Schlafzimmer über Tageslicht und Frischluft verfügt, hat Kurath ein Fenster in der darüberliegenden Küche eingeplant, das sich im unteren Zimmer öffnen lässt. Ein offener Bereich zwischen den beiden Etagen macht das möglich.

Wegen der lediglich 70 Quadratmetern verfügbarer Wohnfläche verteilt auf zwei Geschosse im Haus, waren von Kurath einige raumsparende Ideen und Stauraumlösungen bei seiner Planung nötig. Auch sei es für ihn, der in einer Mietwohnung in der Stadt Zürich wohnt, etwas Besonderes als Architekt, etwas Eigenes zu bauen.

Vermietung soll kalte Betten verhindern

Mit dem Resultat vom aussergewöhnlichen Haus, das im Innern des Maiensäss erstellt wurde, sind alle glücklich – auch der 2016 verstorbene Urneni von Kuraths Buben, der vor seinem Tod die Familie in seinem einstigen Kuhstall besuchte. Stefan Kurath: «Er hat sich sehr gefreut, als er hier war. Nie hätte er sich vorstellen können, dass sein alter Stall einmal bewohnbar ist.»

Dem Architekten und Dozenten an der ZHAW, Stefan Kurath, ist es ein Anliegen, dass er keine kalten Betten im kleinen Ort Mutten produziert und auch andere Familien und Ruhesuchende das Maiensäss und die Bündner Berge geniessen können. Sind die Familie oder Verwandte nicht im Maiensäss, wird das Ferienhaus darum gern vermietet. Verkauft wird das kleine Juwel der Kuraths aber nicht. Das in Zürich getrennt lebende Ehepaar ist sich einig, dass Urnenis Maiensäss später ihre gemeinsamen Söhne bekommen sollen.

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