Vom Sensations-Planet zum Eiszwerg
Vor 90 Jahren wurde Pluto entdeckt

Einem elfjährigen Mädchen verdankt Pluto seinen Namen. Und einem ähnlich grossen Himmelskörper in den eisigen Gefilden des Kuipergürtels, dass er seinen Status als Planet verlor. Doch der Eiszwerg hat viele Fürsprecher, die das gern wieder ändern würden.
Publiziert: 14.02.2020 um 11:59 Uhr
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Aktualisiert: 06.03.2020 um 10:02 Uhr
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Clyde Tombaugh entdeckte am 18. Februar 1930 im Lowell-Observatorium in Flagstaff (US-Bundesstaat Arizona) den Pluto. (Archivbild 2006)
Foto: imago images/ZUMA Press

Kaum ein Himmelskörper erhitzt die Gemüter wie der Eiszwerg Pluto am Rande unseres Sonnensystems: Noch nach mehr als einem Jahrzehnt hält die Diskussion um seine Degradierung zum Zwergplaneten an, die von der Internationalen Astronomischen Union IAU 2006 entschieden worden war. Zum 90. Jahrestag der Pluto-Entdeckung hat das Hamburger Planetarium sogar eine Initiative gestartet, um Pluto wieder in die Riege der Planeten aufzunehmen, «Pluto for Planet».

Wann wurde Pluto genau entdeckt?

Die ferne Eiswelt war am 18. Februar 1930 von Clyde Tombaugh am Lowell-Observatorium in Flagstaff (US-Bundesstaat Arizona) aufgespürt worden, das zum Jahrestag der Entdeckung ein eigenes Pluto-Festival veranstaltet. «Die Entdeckung Plutos war von grosser Bedeutung, da es der erste Vorstoss in den Kuipergürtel in den Aussenregionen des Sonnensystems gewesen ist», betont IAU-Sprecher Lars Lindberg Christensen.

Eisarchiv im Weltall

Der Kuipergürtel jenseits des Planeten Neptun ist eine Art eisiges Archiv. In ihm tummeln sich Millionen urtümliche Brocken aus der Frühzeit des Sonnensystems - einige darunter von ähnlicher Grösse und Masse wie Pluto, wie wir heute wissen.

«Pluto war unser erster Hinweis darauf, dass das Sonnensystem einen enormen Fundus gefrorener Himmelskörper besitzt, die bei der Entstehung der Planeten übrig geblieben sind», sagt US-Astronom Mike Brown vom California Institute of Technology (Caltech), dessen Entdeckung des Zwergplaneten Eris den letzten Anstoss zur Herabstufung Plutos gegeben hatte. «Auch wenn es mehr als 60 Jahre gedauert hat, die Bedeutung zu verstehen, wissen wir heute, dass diese Sammlung an Himmelskörpern wichtige Hinweise auf unsere früheste Geschichte und die Ereignisse seitdem enthält.»

Pluto stellte sich als Winzling heraus

Nach der Entdeckung war Pluto als neunter Planet unseres Systems eingestuft worden. Damals hielten ihn die Astronomen allerdings auch noch für deutlich grösser, mindestens so gross und schwer wie die Erde. Der Marsforscher Percival Lowell (1855-1916) hatte bereits 1905 postuliert, dass es jenseits des Neptun einen Planeten geben müsse, dessen Schwerkraft für leichte Unregelmässigkeiten in der Neptunbahn verantwortlich sein sollte.

Diesen «Transneptun» suchte Lowell an seinem eigenen Observatorium zeitlebens vergeblich. Sein Nachfolger Vesto Slipher stellte 1929 schliesslich den jungen Amateurastronomen Tombaugh ein, um die Suche fortzusetzen. Tatsächlich stiess der damals 24-Jährige bereits nach wenigen Monaten auf den bis dahin unbekannten Himmelskörper - ein Zufall, wie sich später herausstellte.

Denn Pluto ist entgegen der ursprünglichen Annahmen winzig, nur etwa ein Drittel so gross und ein Fünftel so schwer wie unser Mond und kann damit Neptuns Umlaufbahn nicht beeinflussen. Seine Position liess sich daher auch nicht aus der Beobachtung von Neptun berechnen.

Wie kam der Pluto zu seinem Namen?

Die Nachricht von der Entdeckung, die am 13. März 1930 zu Lowells 75. Geburtstag bekannt gemacht wurde, stiess weltweit auf grosses Interesse. Immerhin war es der erste Neuzugang im Planetensystem, seit 84 Jahre zuvor Neptun erspäht worden war. Pluto erlangte eine Art Popstar-Status: Walt Disney benannte den Comic-Hund seiner Figur Micky Maus nach dem neuen Planeten, das Element Plutonium verdankt ihm seinen Namen und selbst ein Antarktis-Gletscher heisst nach ihm.

Der Name Pluto stammte dabei weder von Tombaugh, der nach der Entdeckung als Astronom und Universitätsprofessor Karriere machte, noch von sonst einem Wissenschaftler, sondern von einem elfjährigen Mädchen aus England: Venetia Phair aus Oxford hatte die Entdeckung 1930 von ihrem Grossvater beim Frühstück aus der Zeitung vorgelesen bekommen.

«Ich hatte von den griechischen und römischen Legenden in Kinderbüchern gelesen und kannte das Sonnensystem und die Namen der anderen Planeten», erzählte die 87-jährige Phair 2006 der US-Raumfahrtbehörde Nasa. «Also dachte ich, diesen Namen gibt es noch nicht.» Phairs Grossvater berichtete einem befreundeten Astronomen von der Idee, der sie an die Entdecker vom Lowell-Observatorium übermittelte.

Herabstufung bleibt Diskussionsthema

Bis heute hadern vor allem Teile der Öffentlichkeit, aber auch manche Forscher mit dieser Herabstufung. «Die aktuelle Definition der IAU basiert auf einer Momentaufnahme des Planetensystems, die weder sinnvoll noch wissenschaftlich weiterführend ist», argumentiert der Hamburger Planetariumsdirektor Thomas Kraupe auf der Internetseite seiner Initiative, www.plutoforplanet.de.

«Wir setzen uns dafür ein, dem Forschergeist junger Menschen keinen doch recht willkürlichen Riegel vorzuschieben. Unzählige weitere Planeten jenseits von Pluto warten auf ihre Entdeckung und Erforschung.» Kraupe plädiert dafür, innerhalb der Planeten eine Unterklasse der Zwergplaneten zu schaffen, so wie es bereits Gasriesen und Gesteinsplaneten sind.

Auch der Chefwissenschaftler der Pluto-Sonde «New Horizons», Alan Stern von der US-Raumfahrtbehörde Nasa, sähe Pluto gern weiter in der offiziellen Gruppe der Planeten. Und Nasa-Chef Jim Bridenstine bekannte unlängst auf dem 70. Internationalen Astronautik-Kongress in Washington: «Ich bin hier als Nasa-Chef um euch zu sagen, dass ich glaube, dass Pluto ein Planet ist, und ich werde auch weiterhin allen sagen, dass Pluto ein Planet ist.» (SDA)

5 Fakten zum Pluto
  1. Blaue «Luft»
    Derzeit entfernt sich New Horizons wieder von Pluto. Doch beim Zurückblicken erkannte sie vor einigen Tagen: Die dünne Sphäre des Zwergplaneten schimmert hellblau! Aber Pluto ist so weit von der Sonne entfernt, dass Plutonianer nie blauen Himmel sehen, sondern immer nur pechschwarzen.

  2. Mehr Durchmesser
    Die Sonde ist der erste irdische Besucher dieses Sonnentrabanten, der je nach Stand 30- bis 50-mal weiter von der Sonne weg ist als wir. Erste Erkenntnis von New Horizons: Pluto ist mit 2370 Kilometern Durchmesser grösser als angenommen – und doch kleiner als unser Mond mit 3476 Kilometern.

  3. Lauter Monster
    Pluto ist ein Eisplanet. Erst in Hunderten Kilometern Tiefe folgt auf Stickstoffeis Gestein. Und doch zeigt sich nun: Seine Oberfläche ist abwechslungsreich – riesige Bergketten, tiefe Ebenen, «Flecken» in allen möglichen Farben. Die Forscher gaben ihnen Namen wie «Der Wal», «Cthulhu» (Monster aus den Büchern von H.P. Lovecraft) oder «Balrog» (Dämon aus J.R.R. Tolkiens «Herr der Ringe»).

  4. Doch kein Zwerg?
    Nur Monate nach dem Start von New Horizons im Jahr 2005 wurde der einstige Planet Pluto zum Zwergplaneten, zum blossen Eisklumpen degradiert. Die Forscher sind nun so beeindruckt, dass sich das wieder ändern könnte.

  5. Zu sechst
    Pluto hat einen grossen Mond namens Charon. Das war bekannt. Aber während des Hinflugs der Sonde wurden gleich vier weitere Monde entdeckt! Also kann der Zwergplanet ganze 5 Monde aufweisen.
  1. Blaue «Luft»
    Derzeit entfernt sich New Horizons wieder von Pluto. Doch beim Zurückblicken erkannte sie vor einigen Tagen: Die dünne Sphäre des Zwergplaneten schimmert hellblau! Aber Pluto ist so weit von der Sonne entfernt, dass Plutonianer nie blauen Himmel sehen, sondern immer nur pechschwarzen.

  2. Mehr Durchmesser
    Die Sonde ist der erste irdische Besucher dieses Sonnentrabanten, der je nach Stand 30- bis 50-mal weiter von der Sonne weg ist als wir. Erste Erkenntnis von New Horizons: Pluto ist mit 2370 Kilometern Durchmesser grösser als angenommen – und doch kleiner als unser Mond mit 3476 Kilometern.

  3. Lauter Monster
    Pluto ist ein Eisplanet. Erst in Hunderten Kilometern Tiefe folgt auf Stickstoffeis Gestein. Und doch zeigt sich nun: Seine Oberfläche ist abwechslungsreich – riesige Bergketten, tiefe Ebenen, «Flecken» in allen möglichen Farben. Die Forscher gaben ihnen Namen wie «Der Wal», «Cthulhu» (Monster aus den Büchern von H.P. Lovecraft) oder «Balrog» (Dämon aus J.R.R. Tolkiens «Herr der Ringe»).

  4. Doch kein Zwerg?
    Nur Monate nach dem Start von New Horizons im Jahr 2005 wurde der einstige Planet Pluto zum Zwergplaneten, zum blossen Eisklumpen degradiert. Die Forscher sind nun so beeindruckt, dass sich das wieder ändern könnte.

  5. Zu sechst
    Pluto hat einen grossen Mond namens Charon. Das war bekannt. Aber während des Hinflugs der Sonde wurden gleich vier weitere Monde entdeckt! Also kann der Zwergplanet ganze 5 Monde aufweisen.
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