Bauern, die auf Biolandwirtschaft umstellen, produzieren weniger Treibhausgase. Bio ist also besser für das Klima, oder? Nicht unbedingt. Denn: Am Ende entstehen trotzdem gleich viel oder gar mehr Emissionen, als wenn sie mit konventionellen Methoden produzieren würden. Warum das so ist, haben Wissenschaftler der Cranfield University in Grossbritannien untersucht und die Ergebnisse in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.
Das Team um den Agrarökonomen Laurence Smith rechnete aus, wieviel Treibhausgase entstehen würden, wenn England und Wales komplett auf Biolandwirtschaft umstellen würden. Das Resultat: Der Ausstoss von CO2, Methan und Lachgas in der Landwirtschaft ginge um 20 Prozent zurück, die Emissionen in der Viehwirtschaft um vier Prozent.
Und jetzt kommt das grosse Aber: Der Ertrag der ökologisch bewirtschafteten Felder wäre um etwa 40 Prozent geringer. Um das zu kompensieren, bräuchte es mehr Ackerfläche. Oder es müssten mehr Lebensmittel importiert werden. Wenn ein Viertel der benötigten Landwirtschaftsfläche aus Grünland neu gewonnen und die noch fehlenden Nahrungsmittel importiert würden, wäre die Biolandwirtschaft etwa genauso klimabelastend wie eine konventionelle Bewirtschaftung. Die durch Bioanbau gesparten CO2-Äquivalente fielen also anderswo an.
Läuft in der Schweiz genau gleich
Die Unterschiede sind vor allem deshalb so gross, weil Biolandbau auf synthetischen Dünger verzichtet. Den Stickstoff, den eine Pflanze zum Wachsen braucht, bekommt sie auf einem Biohof aus Kompost, Biomasse von Vorkulturen, Mist und Gülle. Eine angepasste Fruchtfolge könnte die Erträge zwar steigern, aber den Produktionsverlust nicht aufwägen, wie die Autoren schreiben.
Der Biolandbau ist zwar weniger produktiv, kann dafür aber auch zum Beispiel mehr Kohlenstoff aus der Luft aufnehmen und binden. Den zusätzlichen Ausstoss durch Import kann das aber nicht kompensieren.
Die neue Studie bezieht sich explizit auf Grossbritannien, die Resultate gelten aber auch für die hiesige Landwirtschaft. «In der Schweiz wirken die gleichen Mechanismen», sagt Adrian Müller vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) in Frick AG. «Die Emissionen würden im Inland sinken, im Ausland steigen.»
Besseres Grundwasser, grössere Artenvielfalt
Ganz so einig ist sich die Wissenschaft aber nicht. Es gibt mehrere Studien, die zum Treibhausgasausstoss von Biolebensmitteln entstanden sind, manche davon kommen zu anderen Schlüssen. Die Ergebnisse hätten zwar eine grosse Bandbreite, «ergeben in ihrer Gesamtheit aber einen guten Überblick», sagt Müller. Unter dem Strich kämen sie zum Schluss, dass Biolandbau pro Kilogramm Produkt eher mehr Treibhausgase verursacht als die konventionelle Landwirtschaft, was stark von den Ertragsunterschieden abhängt.
Bringt Bio dem Klima also nichts? Nicht ganz. Biolandbau hat einige Vorteile. Er schont beispielsweise das Grundwasser und fördert die Artenvielfalt. Würden die Konsumenten zudem ihr Essverhalten ändern, wäre der Bioanbau in der Emissionsbilanz wesentlich lohnender, raten die englischen Wissenschaftler.
Denn am meisten Emissionen verursacht die Viehwirtschaft. Das heisst, die Konsumenten müssten weniger Fleisch und mehr Lebensmittel konsumieren wie Kartoffeln und Bohnen. Adrian Müller bestätigt das: «Mit Konsumveränderung könnte man auch mit hohen Anteilen Bio klimafreundlich produzieren», sagt er.
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