Regenerative Medizin
Kindern sollen Herzklappen aus dem Labor helfen

Herzklappen aus der Petrischale gibt es schon länger. Doch erst jetzt wissen Forscher, was sie tun müssen, damit solche Implantate zuverlässig funktionieren. In Zukunft könnten sie herzkranken Kindern viele Operationen ersparen.
Publiziert: 06.06.2018 um 12:56 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 17:48 Uhr
Nach der Geburt untersuchen Ärzte Babys auf mögliche Herzfehler.
Foto: iStock / aywan88
Cornelia Eisenach @higgsmag

Eines von 100 Babys kommt mit einem angeborenen Herzfehler zur Welt, oftmals aufgrund einer defekten Herzklappe. Abhilfe schaffen künstliche Herzklappenimplantate, die entweder aus Metall oder aus abgetötetem Tiergewebe bestehen. Doch solche künstlichen Herzklappen haben ein Problem: Sie wachsen nicht mit. Junge Patienten müssen deshalb immer wieder Operationen über sich ergehen lassen, um die künstlichen Herzklappen mit jeweils grösseren zu ersetzen. «Mit jeder neuen Operation steigt das Risiko für Komplikationen exponentiell an», erklärt Simon Hoerstrup von der Universität Zürich. Der Mediziner forscht darum seit mehr als 20 Jahren an einer Alternative: Er und sein Team züchten im Labor sogenannte regenerative Herzklappen, die mit dem Körper mitwachsen können.

So sieht ein Herz im 3D-Modell am Computer aus. Die Herzklappen (orange) sorgen dafür, dass Blut (rot) beim Pumpen in die richtige Richtung fliesst.
Foto: iStock / SomkiatFakmee

Dazu lassen die Forscher in einem Nährmedium menschlichen Zellen wachsen. Die Zellen sondern Proteine ab, wie sie das im Körper auch tun. Aus diesen entsteht eine Art Skelett in Form einer Herzklappe. In ein defektes Herz verpflanzt, verwächst es mit dem umliegenden Gewebe und wird von Zellen aus dem Blut besiedelt. So kann die Klappe ganz natürlich mit dem Herz mitwachsen. Und: Anders als ein künstliches Implantat kann sich eine solche Herzklappe regenerieren. Sie kann sich also selbst reparieren, wenn sie durch Beanspruchung Schaden nimmt. Immerhin öffnen und schliessen sich Herzklappen bei jedem Herzschlag, also an die 60 Mal pro Minute – rund eine Milliarde Mal in einem Leben.

Allerdings funktionierten die neuen regenerativen Herzklappen in ersten Tierversuchen mit Schafen nur unzuverlässig. «Deswegen kam uns die Idee, mit Hilfe von Computersimulationen den Regenerationsprozess einer solchen Herzklappe vorherzusagen», sagt Hoerstrup. Im Computermodell spielten die Forscher durch, wie sich regenerative Herzklappen verhalten, während sie mit Herzgewebe verwachsen und von Blutzellen besiedelt werden. Das Ergebnis: Die Herzklappen verkürzten sich um etwa 15 Prozent. Also züchteten die Forscher die Herzklappen so, dass sie 15 Prozent länger waren als nötig. Diese setzten sie dann lebenden Schafen ein. Resultat: In 10 von 11 Fällen funktionierte die Herzklappe nach einem Jahr noch immer zuverlässig.

So die regenerative Herzklappe aus dem Labor aus. Ihre Form hat ein Computermodel errechnet.
Foto: Universität Zürich, adaptiert von Emmert et al., 2018, Science Translational Medicine.

In Zukunft könnten Computermodelle auch das Verhalten weiterer regenerativer Implantate vorhersagen, so Hoerstrup. Denkbar wäre das beispielsweise bei Verpflanzungen regenerativer Haut oder Knochen.

Doch trotz Computermodell: Bis die neuartigen Herzklappen kleinen Patienten helfen können, müssen Ärzte sie erst in weiteren Versuchen mit Tieren und Menschen testen. In einigen Jahren aber könnten sie Kindern mit Herzklappendefekten viele Operationen ersparen.

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