Andrea Frehner (28) aus Zürich steht ein hartes Wochenende bevor. Ab Samstagmorgen nämlich wird er mit Tausenden anderen Stimmenzählerinnen und Stimmenzählern die Millionen Wahllisten auszählen.
Frehner hilft seit etwa neun Jahren freiwillig im Wahlbüro des Zürcher Stadtkreises 10 mit. «Ursprünglich war das für mich ein Studentenjob, um etwas Geld zu verdienen», erzählt er im Gespräch mit BLICK. Aus Freude habe er dann weitergemacht. «Man macht beim Stimmenzählen immer wieder neue Bekanntschaften und trifft Leute, die man von früher kennt», so Frehner, der sein Studium mittlerweile abgeschlossen und als IT-Projektleiter in Zürich arbeitet.
In der Stadt Zürich gibt es momentan über 1750 gewählte Wahlbüromitglieder. «Sie melden sich freiwillig für diesen Dienst», sagt Christina Stücheli, Informationsbeauftragte des Stadtrats Zürich. Anders läuft es zum Beispiel in Bern. Dort werden Einwohner per Zufallsgenerator bestimmt und zum Stimmenzählen aufgeboten.
16-Stunden-Einsatz für 30 bis 40 Franken pro Stunde
Die meisten der Zürcher Wahlbüromitglieder werden am kommenden Wochenende im Einsatz stehen. Zur Unterstützung werden weitere Helfer eingesetzt. «Dafür kann sich jeder melden, der mindestens 16 Jahre alt ist und seinen Wohnsitz in der Stadt Zürich hat», so Stücheli. Im Unterschied zu den gewählten Wahlbüromitgliedern müssen die Helfer nicht stimmberechtigt sein. Doch nicht jeder, der mithelfen will, wird auch gebraucht, wie Stücheli erklärt: «Momentan verfügt die Stadt Zürich über genügend Freiwillige.»
Am kommenden Wochenende wird Frehner gemeinsam mit den anderen rund 1700 Stimmenzählern in der Stadt Zürich insgesamt etwa 16 Stunden arbeiten – so lange, bis alle Wahlzettel kontrolliert und erfasst worden sind. Dafür erhält er 40 Franken pro Stunde. Das ist etwas mehr als ein Stimmenzähler in der Basisfunktion, für den es 30 Franken auf die Stunde gibt. Seit vier Jahren hat Frehner eine Leitungsfunktion inne und arbeitet als Tischaufsicht. Das heisst, er versorgt die Stimmenzähler mit Arbeit und beantwortet ihre Fragen. «Dadurch sehe ich vor allem die komplizierten Fälle, was die Arbeit für mich spannender macht.»
Mehrfache Kontrollen, um Fehler zu vermeiden
Der Auszähldienst erfordert Geduld und Genauigkeit. «Zuerst werden die Unterschriften auf den Stimmrechtsausweisen kontrolliert.» Immer wieder gebe es Leute, die vergessen zu unterschreiben. Die zugehörigen Wahlzettel müssen dann als ungültig gewertet werden.
In einem nächsten Schritt werden die Wahlzettel nach veränderten und unveränderten Listen sortiert. Die unveränderten gibt man zum Zählen weiter. Sie werden alle mehrfach von Hand ausgezählt und erfasst. «Es gibt zwar Zählmaschinen, doch diese funktionieren bei den dünnen Wahlzetteln von den Nationalratswahlen nicht zuverlässig.»
Eine andere Gruppe beginnt unterdessen mit der Bereinigung der veränderten Wahlzettel. «Das heisst, man schaut, ob richtig kumuliert oder panaschiert wurde», sagt Frehner. Dabei wird zu zweit gearbeitet. Später werden die Wahlzettel noch mindestens einmal von zwei anderen Personen kontrolliert. Erst dann werden sie im Computersystem erfasst. Auch dort wird in einer Nachkontrolle noch einmal überprüft, ob keine Fehler gemacht wurden.
Die vielen Kontrollen haben ihren Sinn, wie Frehner erklärt. «Fehler passieren immer wieder. Besonders am Anfang, wenn das Zählen für die meisten noch neu ist, und gegen den Schluss, wenn man müde und unkonzentriert wird.»
Roger Federer, Donald Trump und Superman ins Parlament
Abwechslung zur monotonen Zählarbeit bieten falsch ausgefüllte Stimmzettel. Nicht jeder Schweizer Stimmberechtigte nimmt das Ausfüllen der Wahlunterlagen ernst, wie Frehner erklärt. «Roger Federer findet man bei jeder Wahl mindestens einmal auf einem Wahlzettel.» Auch Donald Trump, Micky Maus und Superman seien beliebte Kandidaten bei der Parlamentswahl.
Nebst Promi-Namen lese man auch immer wieder Hasstiraden gegen einzelne Politiker oder Parteien. «Einige schreiben halbe Romane hinten auf die Stimm- und Wahlzettel.» Solange keine ehrverletzenden Aussagen darauf stehen, werden die Stimmzettel aber trotzdem als gültig erklärt.
Am Sonntag wird Frehner zwischen sechs und acht Stunden arbeiten. So lange, bis der letzte Wahlzettel im System erfasst ist. Trotz 100-Prozent-Job opfert er sein freies Wochenende gerne fürs Stimmenzählen: «Ich finde es schön, damit ein Teil unserer direkten Demokratie zu sein.»
Am 20. Oktober finden die eidgenössischen Parlamentswahlen in der Schweiz statt. Die insgesamt 200 Sitz im Nationalrat werden nach Anzahl Bevölkerung auf die Kantone verteilt und müssen neu gewählt werden. Auch die 46 Sitze des Ständerats werden neu vergeben.
BLICK bietet rund um die Uhr die aktuellsten Informationen zum Wahlkampf, der politischen Themenagenda der Parteien und Kandidaten, der Sitzverteilung im Parlament und den Wahlergebnissen.
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Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit dem BLICK-Social-Magazin Soda. Auf dem Instagram-Channel, erklären die Jungjournalistinnen Yaël Meier (19) und Lou Schmid (20) Gleichaltrigen, wie man entscheidet, welche Partei man wählen soll und wie man einen Wahlzettel ausfüllt. Nebst Politik erfahren Junge auf Soda, wie sie eine Steuererklärung ausfüllen, wie sie die richtige WG finden und wie man als Student überlebt – also alles, was man in der Schule nie gelernt hat, aber wichtig fürs Leben ist. Yaël und Lou nehmen die Jungen mit auf eine Reise quer durch News und Politik. Damit jeder mitreden kann.
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