Die Puppen waren in den 90-er Jahren in Schweden eingesetzt worden, um autistische Kinder zu behandeln. Später kamen sie in Altersheimen zum Einsatz. Nun untersucht das Lausanner Universitätsspital, ob die Therapie-Puppen auch erfolgreich bei älteren Demenz-Patienten eingesetzt werden können.
In diesem Zusammenhang wird von «doll therapy» (Puppentherapie) gesprochen, die sich insbesondere an Menschen mit kognitiven Störungen wie Alzheimer richtet.
«Wir geben die Puppen den Patienten, die sich unruhig oder aggressiv verhalten, um sie zu beruhigen», sagte Patrizia D'Amelio, Chefärztin der Geriatrieabteilung im CHUV, auf Anfrage von Keystone-SDA. Damit könne auf Medikamente verzichtet werden, die nicht unbedingt wirksam seien und erhebliche Nebenwirkungen hätten.
Mit einer Puppe im Arm würden die Patienten ihre Aufmerksamkeit auf ein angenehmes und beruhigendes Objekt lenken. Sie könnten beispielsweise mit der Puppe sprechen, sie anziehen, tragen oder auch mit ihr spielen.
Für D'Amelio, die bereits Vorstudien in Italien durchgeführt hat, handelt es sich dabei um eine «menschlichere Medizin», die sich nicht nur an Demenzkranke richtet, sondern auch an Menschen, die Verwirrtheitszustände zeigten.
Das CHUV verfügt derzeit über etwa 20 dieser Puppen, aber es sollen noch mehr angeschafft werden. Zuvor sollen die Auswirkungen dieser Therapie in einer mehrmonatigen Studie mit 120 Patientinnen und Patienten dokumentiert werden. Dabei wird die eine Hälfte der Patienten eine Puppe erhalten und die andere Hälfte ein gewöhnliches Kissen.
Die Puppen sind eher schwer: «Die Patienten sollen das Gefühl haben, ein kleines Baby zu tragen», sagte die Professorin. Die Haare sollen zum Streicheln einladen. Der Mund ist geschlossen, damit der Patient keine Antwort erwarten kann. Der Blick ist auch nicht direkt, um die Patienten nicht zu verängstigen: Arme und Beine sind offen und laden dazu ein, die Puppe in die Arme zu nehmen.
Die Therapie funktioniert nach den Worten der Chefärztin sehr gut, ist aber nicht für alle Menschen geeignet. Keine Puppe erhalten sollten beispielsweise Patienten, die ein Kind verloren haben. «Es ist wie bei allen Behandlungen, man muss den richtigen Zeitpunkt und die richtigen Menschen wählen», sagt D'Amelio.
Die Puppen-Therapie erfordere auch die Aufklärung des Pflegepersonals und natürlich der Angehörigen der Patienten, die sie manchmal auch als kindisch ansähen. Dabei sei genau das Gegenteil der Fall: Mit der Puppe solle jemand Verantwortung für jemanden übernehmen und damit von einem Menschen, der Hilfe braucht, zu einem Menschen werden, der selber pflegt.
(SDA)