Samstagabend in Wittenberg, auf halber Strecke zwischen Berlin und Leipzig: Eine schwarz gewandete Gestalt mit Kapuze steht auf der Nordseite der Schlosskirche und hämmert. Es ist der Erfurter Augustinermönch Martin Luther, der seine 95 Thesen gegen die Missbräuche im klerikalen Ablasshandel an das Haupttor nagelt.
So geht die Legende. Sicher ist: Mit dem 31. Oktober 1517 beginnt die Reformation – und die Christen bekommen die Wahl, ob sie papsttreue Katholiken oder evangelische Reformierte sein wollen. Luther ist sozusagen die erste Alternative für Deutschland.
Ein Fünftel der Wittenberger wählte die Rechtspopulisten
500 Jahre später: Die Lutherstadt hat die Alternative für Deutschland (AfD) gewählt. Bei den Bundestagswahlen entscheiden sich 4128 Wittenbergerinnen und Wittenberger für die nationalkonservative Partei – knapp 20 Prozent aller Urnengänger vom 24. September. Damit hat sich hier der Wähleranteil der AfD seit der letzten Bundestagswahl mehr als verfünffacht.
Weitere ostdeutsche Orte wie Eisleben, wo Luther 1483 zur Welt kam und 1546 starb, Mansfeld, wo er zur Schule ging, oder Eisenach, wo er auf der Wartburg die Bibel ins Deutsche übersetzte, sind Zentren der Rechtsaussen-Partei. Das mag Zufall sein. Aber zumindest in gewissen Ansichten sind sich der Reformator von damals und die Reaktionäre von heute recht nahe.
Teufel damals, Verteufelung heute
So schreibt Luther 1543 in seiner Schrift «von den jüden und iren lügen», «das man jre Synagoga oder Schule mit feur anstecke und, was nicht verbrennen will, mit erden überheufe und beschütte, das kein Mensch ei stein oder schlacke davon sehe ewiglich». Damit ist der Kirchenmann zumindest rhetorisch ein Wegbereiter der späteren Gräueltaten der Nazis; diese wiederum relativieren gewisse AfD-Mitglieder mit dem Begriff «Mythos Holocaust».
Luther war ein Antisemit. Der deutsche Historiker und Luther-Biograf Heinz Schilling (75) hält fest, dass der Reformator kein Aufklärer oder gar Vorreiter der Moderne sei. «Wie seine Zeitgenossen ist Luther Lichtjahre von Lessing und dessen die Weltreligionen friedlich nebeneinander ordnender Ringparabel entfernt», schreibt Schilling in der «Zeit». «Selbst Hexen, Teufel und göttliche Vorzeichen bleiben für ihn Realität.»
Teufel damals, Verteufelung heute; Protestant damals, Protest heute; Papstfeind damals, CDU-Gegner heute: Wer dieser Tage durchs Lutherland zieht, fühlt sich wie auf einer Zeitreise. Diese Ecke in Deutschland war, ist und bleibt aufmüpfig. Hier lehnte sich Luther 1517 gegen den Ablasshandel auf, hier brachten 1989 die «Wir sind das Volk!»-Rufe die Mauer zum Einsturz, hier liegen 2017 die wählerstärksten Gebiete der AfD.
Die Luther-Socken sind ein Verkaufshit
Gebieterisch wie eine preussische Pickelhaube erhebt sich der 88 Meter hohe Turm der Schlosskirche über die Altstadt von Wittenberg. Vor dem grossen Eisentor des Kirchenschiffs steht eine Touristengruppe auf dem Schlossplatz. Das Tor bietet keinen Zugang ins Innere mit dem Grabmal des Reformators. Im Gegenteil: Ein zusätzlicher Zaun hält die Menschen davon ab, die lateinische Inschrift der 95 Luther-Thesen zu berühren – was Vandalen letzten November nicht davon abgehalten hat, das Denkmal mit blauen Hakenkreuzen zu verschmieren.
«An diese Metalltür soll Luther seine Thesen angeschlagen haben?», fragt ein Mann ungläubig. Die Reiseleiterin erklärt, dass die hölzernen Türflügel, welche den Thesenzettel getragen haben sollen, 1760 verbrannt seien. Gut 100 Jahre später schenkte der preussische König Friedrich Wilhelm IV. den Wittenbergern dieses eiserne Denkmal. Ein magischer Anziehungspunkt, dessen Authentizität Wissenschaftler in Zweifel ziehen. So sagt Volker Leppin (50), evangelischer Theologe und Tübinger Professor für Kirchengeschichte: «Die ersten Berichte von einem Thesenanschlag stammen von Personen, die am 31. Oktober 1517 nicht in Wittenberg waren.»
Sicher belegt sind zwei Briefe Luthers an Bischöfe
Meist seien die Zeugnisse Jahrzehnte später verfasst – so auch die 2015 entdeckte Handschrift von Luther-Assistent Georg Rörer aus dem Jahr 1541. «Sicher wissen wir nur, dass Martin Luther an diesem Tag Briefe an zwei Bischöfe, Albrecht von Mainz und Hieronymus Schuld von Brandenburg, geschickt hat», sagt Leppin. «Beigelegt hat er ihnen seine 95 Thesen gegen den Ablass.» Der Beginn der Reformation.
Luther schrieb in seinen auf Lateinisch verfassten Thesen etwa: «Lug und Trug predigen diejenigen, die sagen, die Seele erhebe sich aus dem Fegfeuer, sobald die Münze klingelnd in den Kasten fällt.» Und: «Das ist gewiss: Fällt die Münze klingelnd in den Kasten, können Gewinn und Habgier zunehmen. Die Fürbitte der Kirche aber liegt allein in Gottes Ermessen.»
Thesen gegen den Ablasshandel
Daraus folgert er in weiteren Thesen: «Man muss die Christen lehren: Wer einem Armen gibt oder einem Bedürftigen leiht, handelt besser, als wenn er Ablässe kaufte; man muss die Christen lehren: Wer einen Bedürftigen sieht, sich nicht um ihn kümmert und für Ablässe etwas gibt, der erwirbt sich nicht Ablässe des Papstes, sondern Gottes Verachtung; man muss Christen lehren: Ablasskauf steht frei, ist nicht geboten.»
Im Tourismusbüro auf der anderen Seite des Schlossplatzes sind die 95 Thesen als edles Faltblatt in mehreren Sprachen zu kaufen – neben Luther-Bade-Enten, Kaffeetassen mit der Aufschrift «2017 – 500 Jahre Reformation» und Socken in Rot, Blau oder Schwarz, bestickt mit dem Luther zugeschriebenen Satz aus seiner Verteidigungsrede von 1521 vor dem Reichstag in Worms: «Hier stehe ich. Ich kann nicht anders.» Die Socken sind ein Verkaufshit.
Der Reformator ist ein Tourismusmagnet
Luther ist in dieser Gegend ein Wirtschaftsmotor, speziell im Jubiläumsjahr. Das deutsche Bundesland Sachsen-Anhalt, wo die Lutherstädte Wittenberg, Eisleben und Mansfeld liegen, verzeichnet im Zeitraum von Januar bis August 2017 bei Übernachtungen und Ankünften einen Zuwachs von rund sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr. «Damit liegt Sachsen-Anhalt über dem Bundesdurchschnitt», sagt Tourismus-Pressesprecherin Friederike Süssig-Jeschor.
Über 3000 Übernachtungen von Schweizern
Wie stark dieser Zuwachs auf Luther zurückzuführen ist, zeigt sich, wenn man auf die einzelnen Orte fokussiert: Mansfeld verzeichnet 2017 rund 10 Prozent mehr Übernachtungen, Wittenberg 35 und Eisleben gar 50 Prozent.
Geht man noch näher und zählt die Eintritte zu den Luther-Gedenkstätten, so spricht Süssig-Jeschor zu Recht von «sprunghaftem Anstieg» in diesem Jahr: 237 Prozent mehr Besucher im Elternhaus in Mansfeld, ein Plus von 238 Prozent im Sterbehaus beziehungsweise 245 Prozent im Geburtshaus von Eisleben. Luther wirkt in Ostdeutschland wie ein Magnet. In Wittenberg kommen 2017 weitaus am meisten Touristen aus Deutschland – gefolgt von US-Amerikanern, Dänen und Schweizern (über 3000 Übernachtungen). Die Welt ist hier zu Gast. Die Welt ist da aber mittlerweile auch zu Hause: Auf dem schnurgeraden Kilometer von der Schlosskirche zum Lutherhaus geht es vorbei am Sushi-Restaurant Hanami, dem Eiscafé Venezia und dem Super-Döner.
Die ostdeutsche Tristesse lauert in den Nebenstrassen
Sobald man in einen der zahlreichen Seitenhöfe reinschaut, kann es sein, dass einem Martin Luther begegnet: Touristenführer mit Doktorhut und in schwarzem Mantel schleusen Ausländer von einer Luther-Gedenkstätte zur nächsten.
So gewandet hat der Kunstmaler Lucas Cranach der Ältere den Freund und Reformator ab 1528 mehrfach für die Ewigkeit festgehalten. Als neue touristische Attraktion steht am oberen Ende der Altstadt ein Rundbau mit einem 15 mal 75 Meter grossen 360-Grad-Rundbild des österreichischen Panoramakünstlers Yadegar Asisi. Er beansprucht mit seiner Darstellung des damaligen Wittenbergs keine historische Wahrheit. Vielmehr will er die Besucher auf eine Zeitreise mitnehmen, die sich mit allen Sinnen erfahren lässt.
«Luther 1517» ist noch bis 2021 geöffnet – dann jährt sich Luthers deutsche Bibelübersetzung zum 500. Mal. Diese hatte er damals versteckt als Junker Jörg in der Wartburg oberhalb der thüringischen Stadt Eisenach begonnen. Wie die Luthergedenkstätten in Wittenberg und Eisleben ist auch die Wartburg mit Unesco-Geldern herausgepützelt worden und steht seit den 1990er-Jahren auf der Liste des Weltkulturerbes.
Doch wer von einem Lutherort zum anderen reist, erfährt die ostdeutsche Tristesse: holprige Nebenstrassen, menschenleere Dörfer, baufällige Häuser. Hier ist der Glaube an die Zukunft nicht zu Hause. Hier spürt man kaum etwas vom diesjährigen Lutherboom. Hier liegt der Nährboden für die AfD.
Anfang und Ende in Eisleben
Und wenn man dann im nächtlichen Eisleben – eine Stadt in der Grössenordnung des Zürcher Vororts Dietikon – ankommt, bemächtigt sich einem eine beklemmend kalte Stimmung, als ob der Ortsname Realität würde: Oben auf dem schräg abfallenden Markt steht einsam das Luther-Denkmal wie ein mächtiger Schatten. Nur die warme Beleuchtung im nahe gelegenen Hotel Graf von Mansfeld bietet einen einladenden Lichtblick. Anfang und Ende von Luther vereinigen sich in Eisleben.
1546 reist er – obwohl herzkrank – mit seinen drei Söhnen von Wittenberg in seine Geburtsstadt, um einen Erbstreit der Grafen von Mansfeld zu schlichten. Das Vorhaben gelingt, doch einen Tag später ereilt ihn der Tod. Bis zum Schluss hält er am früher geäusserten Glaubenssatz fest: «Die wahre Vorbereitung auf den Tod ist es zu wissen, dass der Tod, die Sünde, die Hölle und der Satan im gekreuzigten Christus besiegt und zu Boden geschlagen sind.»
Touristenstrom dank weiterer 500-Jahr-Jubiläen
«Gewiss gehört zu seinem mittelalterlichen Erbe, dass der Teufel ihm stets eine greifbare Realität geblieben ist», sagt Kirchengeschichtler und Luther-Biograf Volker Leppin. «Genauso gehört zu seinem mittelalterlichen Erbe die Überzeugung, dass in, mit und unter den Elementen im Abendmahl Christus wahrhaft gegenwärtig ist.»
Eine Meinung, die zum Streit mit dem Schweizer Reformator Huldrych Zwingli führte.
Eigentlich hat Zwingli Zürich erst 1519 reformiert, doch das Luther-Jubiläum zieht die hiesige evangelische Gemeinde schon jetzt in seinen Bann. Mit einer Plakatkampagne «Quer denken, frei denken, neu glauben» lancierte der Schweizerische Evangelische Kirchenbund diesen Sommer das Jubiläum auch bei uns.
Und weitere 500-Jahr-Festivitäten folgen Schlag auf Schlag, wie Friederike Süssig-Jeschor von Tourismus Sachsen-Anhalt weiss: 2020 Luthers Verbrennung der päpstlichen Verbannungsurkunde, 2021/22 die Bibelübersetzung und 2025 die Hochzeit mit Katharina von Bora. Zumindest der Touristenzustrom nach Ostdeutschland reisst nicht so schnell ab.
Herr Pfarrer, in Ihrem neuen Buch «Im Anfang war das Gespräch» thematisieren Sie den Streit zwischen Martin Luther und seinem Zeitgenossen Erasmus von Rotterdam. Ist Ihnen Erasmus sympathischer?
Ja, Erasmus ist mir viel sympathischer. Ich bin überzeugt, dass unsere Zeit nicht mehr Luther, sondern mehr Erasmus braucht. Mehr von seinem spielerischen Geist, mehr Verständigung, mehr Austausch, mehr Spiritualität, wie man heute sagt, weniger Glaubenssätze, weniger Dogma, weniger Angst vor dem kritischen Denken.
Die Basler Übersetzung des Neuen Testaments aus dem griechischen Urtext ins Lateinische durch Erasmus im Jahr 1516 beschreiben Sie als «Coup». Beginnt für Sie die Reformation ein Jahr früher?
Ja und nein. Der Spruch «Erasmus hat das Ei gelegt, das Luther ausgebrütet hat» enthält ein Körnchen Wahrheit. Erasmus hat das Prinzip der Renaissance «zu den Quellen» auf die Religion übertragen und damit den Weg für das reformatorische Motto «Allein die Schrift» freigelegt. Luther war theologisch und kirchenpolitisch eine Wucht, welche die Welt erschüttert hat. Er ist hingestanden und hat die Sache der Reformation durchgezogen.
Auf welcher Seite steht der Zürcher Reformator Zwingli?
Zwingli blieb zwar ein Humanist im Sinn von Erasmus, wurde dann in den 1520er-Jahren von der Erschütterung, die Luther auslöste, erfasst und entwickelte sich zum Reformator zürcherischer Prägung. Erasmus hat sich erst von Luther, dann von Zwingli distanziert. Für ihn waren die geistige Entwicklung des einzelnen Menschen und die Bildung zentral. Aufruhr und religiöse Parteienbildung, Gewissenszwang, Gewalt waren ihm verhasst.
Die Reformation hat zum Dreissigjährigen Krieg von 1618 bis 1648 in Europa geführt.
Erasmus hat diese Entwicklung vorausgesehen. Es würde schrecklich werden, wenn die verfeindeten Glaubensbrüder aufeinander losgingen. In seiner berühmten Schrift «Die Klage des Friedens» von 1517 hat er als Erster die Idee eines friedlichen Europas entwickelt. Ich finde, dass das Reformationsjubiläum die Gelegenheit bietet, sich vertieft auf die Schatten der Reformation einzulassen.
Was ist Ihre Bilanz nach 500 Jahren Reformation?
Die Reformation hat die Freiheit des christlichen Glaubens versprochen. Sie konnte das grosse Versprechen jedoch nicht einlösen. Neue Bevormundung, Unduldsamkeit und Repression legten sich als ein schweres Joch auf die evangelische Kirche.
Am 5. November feiern Sie in der Zürcher Kirche St. Peter 500 Jahre Reformation. Was werden Sie predigen?
Die christliche Botschaft ergreift die Seele der Menschen von heute kaum mehr. Liegt es am Wohlstand, an der Konsumhaltung, am Zeitgeist oder hat die Kirche den Zug der Moderne verpasst? Ich werde die Frage stellen, ob es nicht höchste Zeit wäre für eine zweite Reformation.
Ueli Greminger: «Im Anfang war das Gespräch» – Erasmus von Rotterdam und der Schatten der Reformation, Orell-Füssli-Verlag.
Herr Pfarrer, in Ihrem neuen Buch «Im Anfang war das Gespräch» thematisieren Sie den Streit zwischen Martin Luther und seinem Zeitgenossen Erasmus von Rotterdam. Ist Ihnen Erasmus sympathischer?
Ja, Erasmus ist mir viel sympathischer. Ich bin überzeugt, dass unsere Zeit nicht mehr Luther, sondern mehr Erasmus braucht. Mehr von seinem spielerischen Geist, mehr Verständigung, mehr Austausch, mehr Spiritualität, wie man heute sagt, weniger Glaubenssätze, weniger Dogma, weniger Angst vor dem kritischen Denken.
Die Basler Übersetzung des Neuen Testaments aus dem griechischen Urtext ins Lateinische durch Erasmus im Jahr 1516 beschreiben Sie als «Coup». Beginnt für Sie die Reformation ein Jahr früher?
Ja und nein. Der Spruch «Erasmus hat das Ei gelegt, das Luther ausgebrütet hat» enthält ein Körnchen Wahrheit. Erasmus hat das Prinzip der Renaissance «zu den Quellen» auf die Religion übertragen und damit den Weg für das reformatorische Motto «Allein die Schrift» freigelegt. Luther war theologisch und kirchenpolitisch eine Wucht, welche die Welt erschüttert hat. Er ist hingestanden und hat die Sache der Reformation durchgezogen.
Auf welcher Seite steht der Zürcher Reformator Zwingli?
Zwingli blieb zwar ein Humanist im Sinn von Erasmus, wurde dann in den 1520er-Jahren von der Erschütterung, die Luther auslöste, erfasst und entwickelte sich zum Reformator zürcherischer Prägung. Erasmus hat sich erst von Luther, dann von Zwingli distanziert. Für ihn waren die geistige Entwicklung des einzelnen Menschen und die Bildung zentral. Aufruhr und religiöse Parteienbildung, Gewissenszwang, Gewalt waren ihm verhasst.
Die Reformation hat zum Dreissigjährigen Krieg von 1618 bis 1648 in Europa geführt.
Erasmus hat diese Entwicklung vorausgesehen. Es würde schrecklich werden, wenn die verfeindeten Glaubensbrüder aufeinander losgingen. In seiner berühmten Schrift «Die Klage des Friedens» von 1517 hat er als Erster die Idee eines friedlichen Europas entwickelt. Ich finde, dass das Reformationsjubiläum die Gelegenheit bietet, sich vertieft auf die Schatten der Reformation einzulassen.
Was ist Ihre Bilanz nach 500 Jahren Reformation?
Die Reformation hat die Freiheit des christlichen Glaubens versprochen. Sie konnte das grosse Versprechen jedoch nicht einlösen. Neue Bevormundung, Unduldsamkeit und Repression legten sich als ein schweres Joch auf die evangelische Kirche.
Am 5. November feiern Sie in der Zürcher Kirche St. Peter 500 Jahre Reformation. Was werden Sie predigen?
Die christliche Botschaft ergreift die Seele der Menschen von heute kaum mehr. Liegt es am Wohlstand, an der Konsumhaltung, am Zeitgeist oder hat die Kirche den Zug der Moderne verpasst? Ich werde die Frage stellen, ob es nicht höchste Zeit wäre für eine zweite Reformation.
Ueli Greminger: «Im Anfang war das Gespräch» – Erasmus von Rotterdam und der Schatten der Reformation, Orell-Füssli-Verlag.