Nicht Genf empfängt den Papst, sondern die ganze Schweiz. Die «internationale Schweiz via Genf», wie Didier Burkhalter zu sagen pflegte. Die Uno und alles, was mit ihr zusammenhängt – 177 diplomatische Vertretungen, 37 zwischenstaatliche Agenturen, 380 NGOs –, haben im vergangenen Jahr 5,9 Milliarden Franken ausgegeben. Davon 3,17 Milliarden direkt an Schweizer Unternehmen. Wenn das nicht ein protestantisches Vermächtnis ist! Und zwar in Reinkultur.
Der Weltkirchenrat in Genf
Der Weltkirchenrat (WCC) hat sich 1948 in Genf niedergelassen, weil die Uno da war. Die Uno ist nach Genf gekommen, weil der Völkerbund vor ihr da war. Und der Völkerbund hatte 1919 für seinen Sitz Genf auserwählt, weil der amerikanische Präsident Woodrow Wilson mit unserem
damaligen Bundespräsidenten Gustave Ador befreundet war, ein Protestant wie er selbst. Er hielt damit nicht zurück: Ein protestantischer Kanton, der das Rote Kreuz erfunden hat, sei ein guter Ort.
Jahr für Jahr empfängt Genf hundert Staatsoberhäupter. Den letzten Papstbesuch hatten wir 1984, als Johannes Paul II. ins Cern kam. Der vorletzte geht ins Jahr 1969 zurück, als Paul VI. dem WCC (schon) seine Ehre erwies. Zwei internationale Institutionen.
Der Papst ist allerdings kein gewöhnliches Staatsoberhaupt. Und Genf ist auch kein gewöhnlicher Ort, sondern Calvins «protestantisches Rom». Dabei ist Genf durch und durch säkular und hat eine unzweideutige Verfassung: In Religionsangelegenheiten mischt sich der Kanton nicht ein. Er nimmt auf, empfängt, respektiert. Nicht Calvin gegen Franziskus, sondern den Papst in der Schweiz. Wir heissen ihn willkommen. Ich werde es ihm selbst sagen, wenn er aus dem Flugzeug steigt. Und morgen Abend, zu Hause in Rom, wird er wissen, was für ein schönes Land die Schweiz ist.
Papst Franziskus besucht am 21. Juni die Schweiz. Die wichtigsten Fragen zum Papst und seinem Besuch in Genf werden im grossen Q&A beantwortet.
Papst Franziskus besucht am 21. Juni die Schweiz. Die wichtigsten Fragen zum Papst und seinem Besuch in Genf werden im grossen Q&A beantwortet.
Pierre Maudet (40) ist Sicherheits- und Wirtschaftsminister des Kantons Genf. Der FDP-Politiker ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Er schreibt jeden zweiten Mittwoch im BLICK.